SPD gegen Untersuchungsausschuss

Enquetekommission darf sich nicht nur mit Vergangenheit befassen

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Durcheinander wird nicht kleiner. Will die SPD einen Untersuchungsausschuss zur »Aufklärung der Stasi-Aufklärung« in den frühen 90er Jahren? Gestern vermeldeten mehrere Zeitungen, sie wolle es. Landtagsfraktionschef Dietmar Woidke beschied daraufhin: Nein.

Medien meldeten, die SPD wolle mit einem solchen Ausschuss auch die Arbeit des Stolpe-Untersuchungsausschusses aufklären, der – damals anerkannt von allen Fraktionen – zwischen 1992 und 1994 die DDR-Vergangenheit des seinerzeitigen SPD-Ministerpräsidenten unter die Lupe nahm. Nun aber erklärte Woidke, dass er ein solches Gremium überhaupt nicht gefordert habe. Vielmehr habe er darauf aufmerksam machen wollen, dass die Opposition mit ihrem Vorschlag einer Enquetekommission zur Vergangenheitsbewältigung ein riskantes Gelände betrete.

Die Frage ist jetzt: Sitzt der 1990 frei gewählte Landtag komplett auf der Anklagebank? Das Nachrichtenmagazin »Der Spiegel« schrieb, von den 17 von der Gauck-Behörde 1991 als stasibelastet eingestuften Abgeordneten sei dies nur bei 12 bekannt geworden. Damals hatten Kirchenmänner gemeinsam mit den betreffenden Parlamentariern die Bescheide der Behörde geöffnet und debattiert. Die Geistlichen folgten dabei nicht blind der Bewertung der Gauck-Behörde, sondern hörten sich an, was die Beschuldigten zu sagen hatten.

Die gespielte oder echte Entrüstung bei der Opposition war nach der »Spiegel«-Veröffentlichung groß. Und das, obwohl CDU, FDP und Bündnis 90 damals mit dem Verfahren einverstanden waren. Heute wollen CDU, FDP und Grüne die Einberufung einer Enquetekommission. Diese soll sich um eine Aufarbeitung der Aufarbeitung kümmern.

Woidke wies darauf hin, dass sich eine solche Kommission von Rechts wegen nicht auf die Vergangenheitsbewältigung beschränken darf. Vielmehr schreibe das Gesetz vor, dass sie nur dann einberufen werden soll, wenn es gelte, »wesentliche Entscheidungen des Landtags vorzubereiten«. Das aber sehe er in diesem Falle noch nicht als begründet an. »Bis heute ist es der Opposition nicht gelungen zu formulieren, welche Zukunftsentscheidung des Landtags diese Enquetekommission vorbereiten soll.« Vielmehr werde der Eindruck erweckt, dass es sich um eine Wiederauflage des Stolpe-Untersuchungsausschusses handeln soll.

Auch der Koalitionspartner Linkspartei hält nichts von einem Untersuchungsausschuss, und er hält auch nichts davon, die alten Akten noch einmal zu öffnen und neu zu bewerten. Er verweist auf Persönlichkeitsrechte und den Umstand, dass eine Legislaturperiode nicht so mir nichts dir nichts die Entscheidungen einer Vorgänger-Legislaturperiode zensieren könne.

»Die Opposition soll aufhören zu wabern und endlich einen gesetzeskonformen Text vorlegen«, verlangte der Parlamentarische Geschäftsführer Christian Görke. Seine Fraktion verweigere sich einer sinnvollen Mitarbeit nicht, und eine Enquetekommission könne nur dann Erfolg haben, wenn niemand mauert, sondern alle mit Sachverstand aufrichtig ihren Beitrag leisten. Eine Abrechnung mit dem ersten frei gewählten brandenburgischen Parlament dürfe es allerdings nicht geben, sagte Görke. »Dafür gibt es keine Grundlage, und die meisten de damaligen Abgeordneten sind auch nicht mehr Mitglieder des Landtags.«

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