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Drei, drei, drei, bei Issos Keilerei
Eine Ausstellung erinnert an Alexanders Feldzug zum Hindukusch
»Suche dir, mein Sohn, ein Königreich, das deiner würdig ist, Makedonien ist nicht groß genug für dich!« Der folgsame Sohn beherzigte die Worte des Vaters, ein beispielloser Aufstieg folgte: König, Pharao, »König von Asien«, »Herrscher der vier Weltengegenden«. Als Alexander III. von Makedonien, den man später »den Großen« nennen wird, 323 v. Chr. in Babylon starb, hinterließ er ein Riesenreich, das von Griechenland und Ägypten über Mesopotamien und Persien bis nach Zentralasien und Indien, also bis an das Ende der Oikumene, der bewohnten Welt, reichte.
Schon sein Vater Philipp II. hatte einen Feldzug gegen das mächtige Perserreich geplant, angeblich um Rache zu nehmen für die Perserkriege. Dieser Vorwand war wenig überzeugend, schließlich lagen jene Ereignisse zwischen Marathon und Salamis über ein Jahrhundert zurück und der damalige makedonische König Alexander I. stand lange Zeit auf persischer Seite. Aber ein solcher Heerzug sicherte den Führungsanspruch der Makedonen in Griechenland und hielt die Bündnispartner bei der Stange. Als Philipp 336 v. Chr. ermordet wurde, erbte sein Sohn mit dem Thron auch die Feldzugspläne, 334 überschritt er den Hellespont. Sein erster Sieg über den Achämenidenkönig Dareios III. steht in den Schulbüchern unter »333, bei Issos Keilerei«. Der folgende Abstecher nach Ägypten brachte ihm den Pharaonentitel, im Niltal gründete er Alexandria. Der zweite große Sieg über Dareios 331 in Gaugamela ist durch das Mosaik aus Pompeji bekannt. Es folgte der triumphale Einzug in die Metropole Babylon. Die Quellen berichten von einer jubelnden Bevölkerung, die Alexander aber wohl eher als siegreichen Feldherren und neuen Herrscher denn als Zerstörer ihrer Stadt begrüßt haben wird.
Babylon war nicht Abschluss, sondern Ausgangspunkt für den eigentlichen Zug in die unbekannten Weiten Asiens mit fremden Völkern, Göttern und Kulturen. Eine beeindruckende Ausstellung der Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim und der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts mit 400 Fundobjekten aus über 40 Museen öffnet den Blick gen Osten, vor allem nach Zentralasien, und zeigt, wie vielfältig die Kontakte zwischen Griechen und Persern schon vor Alexander waren und wie sich das Bild voneinander in kriegerischer und friedlicher Zeit wandelte.
Von Babylon brach Alexander 330 nach Osten auf. Nun wird ein Wandel in seinem Vorgehen bemerkbar. Zur Sicherung der Macht in seinem immer größer werdenden Reich hielt eine »Orientalisierung« in Heer, Verwaltung und seinem persönlichen Umfeld Einzug. Persische Adlige stiegen in Offiziersränge auf und gelangten in seinen Beraterstab. Auf seinem Weg in das östlich gelegene Parthien »legte er erstmals die Tracht der Barbaren an, in der Meinung, dass die Gleichheit in den Sitten und der Lebensart viel zur Bezähmung dieser rohen Völker beitragen werde«. Dieses Vorgehen sollte sich in der Folgezeit als weitblickend erweisen.
Als er 329 den Übergang über den Hindukusch begann und nordwärts nach Baktrien und Sogdien zog (heute Afghanistan, Tad-schikistan, Usbekistan), geriet er in die schwersten Kämpfe des Asienzuges. Drei Jahre lang zwangen ihm die einheimischen Stammesfürsten einen ständigen Kleinkrieg auf. Seine bisher in allen Schlachten siegreiche Armee musste nun gegen kleinere Gruppen operieren, die sich zu neuen Bündnissen gruppierten und wieder trennten, so aber nicht greifbar und angreifbar waren. Mit militärischer Gewalt waren die Einheimischen weder zu bezwingen noch dauerhaft zu kontrollieren. List, Geld und Diplomatie waren die besseren Mittel. Baktrier und Sogder wurden in das Heer aufgenommen. 327 heiratete er Roxane, die Tochter eines baktrischen Fürsten. Verhandlungsbereite Stammesfürsten bestätigte er in Rang und Würden. Die Quellen berichten über die Gründung von über 30 Städten und Festungen, in denen Veteranen seines Heeres, Handwerker und Beamte zusammen mit den Einheimischen wohnten. Diese Neugründungen entwickelten sich zu Handels- und Wirtschaftszentren und wenn die Waffen schwiegen, waren sie Orte des Kulturaustausches. Als Baktrien und Sogdien gesichert schienen, zog Alexander gen Osten weiter. Er überschritt den Indus und erreichte im Sommer 326 den Hyphasis (heute Beas), den östlichsten Punkt seines Zuges. Hier jedoch weigerte sich das Heer, weiter in Richtung Ganges zu marschieren. Alexander kehrte um, gelangte über den Indus zum Ozean und kam nach elf Jahren im Frühjahr 323 wieder nach Babylon zurück, wo er wenige Monate später verstarb. Seine Feldherren teilten das Weltreich unter sich auf: Daraus gingen die hellenistischen Reiche in Griechenland, Ägypten, Kleinasien und das riesige Seleukidenreich hervor. In Baktrien löste sich um 250 v.Chr. der dortige Satrap vom Seleukidenreich und gründete sein eigenes Königreich. Reiternomaden überrannten dieses Reich um 130 v. Chr., worauf bis in das 3. Jahrhundert. n. Chr. die Herrschaft der Kuschan-Dynastie folgte.
Die engen Beziehungen zwischen den hellenistischen, einheimischen und östlichen Traditionen sind auch Ausdruck weitreichender Handelskontakte vom Mittelmeer bis China. Aus der kuschanzeitlichen Stadt Begram im heutigen Afghanistan stammen bemerkenswerte Objekte: Glasgefäße aus dem ägyptischen Alexandria, römische Bronzen, indische Elfenbeinarbeiten, chinesische Lackarbeiten. Sehr interessant sind die engen, wechselseitigen Verbindungen zwischen Baktrien und der buddhistischen Kunst des nordwestindischen Gandhara.
Die durch den Feldzug Alexanders ausgelösten kulturellen Kontakte folgten nicht einer Einbahnstraße von West nach Ost, sondern führten in den folgenden Jahrhunderten zu einem wechselseitigen Durchdringen griechischer, orientalischer und zentralasiatischer Traditionen. Es ist das Verdienst der Ausstellungsmacher und der Autoren des Katalogs, die nachhaltigen Veränderungen in einem lange unbekannten Teil Asiens sehenswert zu veranschaulichen.
Alexander der Große und die Öffnung der Welt. Asiens Kulturen im Wandel. Reiss-Engelhorn-Museen Mannheim, bis 21. Februar, Di.-Do. 11-18 Uhr, Mo. geschlossen; Katalog (448 S., 24,90 €).
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