Wahrheitsfindung erschwert
Anwälte-Verband kritisiert Polizeiaussagen bei Mai-Prozess
(dpa). Nach dem Freispruch in einem Prozess um Mai-Krawalle hat der Berliner Verein der Strafverteidiger das Gericht und die Polizei scharf kritisiert. Die Richter hätten die Zeugenaussagen der Polizisten zu hoch bewertet und dadurch die Wahrheitsfindung erschwert, teilte die Vereinigung am Freitag mit. »Gerichte dürfen keine unterschiedlichen Maßstäbe anlegen, wenn es um die Würdigung der Aussagen von Polizisten und anderen Zeugen geht.« Es gebe keine Erkenntnisse darüber, dass Polizeizeugen zuverlässiger seien als andere Zeugen.
Der Verband verteidigte auch die Rechtsanwälte der beiden jungen Männer, die am Donnerstag vom Vorwurf des Mordversuchs freigesprochen wurden. Erst das ständige Nachhaken der Verteidiger hätte dazu geführt, dass Beweismaterial nachgereicht und Entlastungszeugen befragt wurden. »Wie der Prozess ohne die massive Intervention der Verteidigung ausgegangen wäre, möchte man sich nicht vorstellen.« Die früheren Schüler waren angeklagt, weil sie bei den Krawallen am 1. Mai 2009 einen Molotow-Cocktail geworfen haben sollen. Das Gericht sprach sie frei, weil es keine ausreichenden Beweise für die Anklage sah.
An diesem Samstag (19 Uhr) wollen die Verteidiger sowie Politiker bei einer Podiumsdiskussion über den Verlauf des Prozesses diskutieren. Das Motto der Debatte in der Waldorfschule Mitte (Weinmeisterstraße 16) lautet: »Ende gut. Alles gut? Reflexionen nach einer Prozess-Farce.« Die Unterstützer der beiden Freigesprochenen forderten erneut einen Untersuchungsausschuss, um die Umstände des Verfahrens zu ermitteln. Den beiden jungen Männern steht nun eine Haftentschädigung zu. Sie beträgt 25 Euro pro Tag.
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