VVN: Polizei ließ Verhöhnung von Nazi-Opfern zu

  • Lesedauer: 2 Min.

Zossen (ND). »Das ›tolerante Brandenburg‹ stelle ich mir anders vor«, sagt Hans Coppi. Der Vorsitzende der Berliner Vereinigung der Verfolgten des Nazi-Regimes – Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) rügt das Vorgehen der Polizei bei einer Gedenkveranstaltung auf dem Marktplatz in Zossen. Am Mittwoch hatten sich dort 150 Menschen versammelt, um an Opfer des Faschismus zu erinnern. Verlesen wurden die Kurzbiografien von 76 Verfolgten des Nazi-Regimes aus der Stadt Zossen, darunter Männer und Frauen, die in Konzentrationslagern und Zuchthäusern ermordet wurden.

»Ein für mich völlig unerwartetes Echo kam von der anderen Seite des Marktplatzes«, schrieb Coppi gestern in einem offenen Brief an den brandenburgischen Innenminister Rainer Speer (SPD). 20 Neonazis störten das Gedenken mit Trillerpfeifen und Sprechchören, auch das Wort »Lügner« sei skandiert worden, berichtete Coppi. »Die Einsatzkräfte der Polizei schirmten die Nazis ab, sie schritten aber gegen diese Störung nicht ein und ließen die Neonazis gewähren.« Als er den Beamten gesagt habe, es könne doch nicht sein, dass hier die Opfer verhöhnt werden, sei mit Schulterzucken reagiert worden oder auch mit dem Hinweis, dies sei eine öffentliche Veranstaltung und Bürger, die eine andere Meinung haben, dürften dies kundtun.

Er bitte, nein er erwarte, »dass dieses Fehlverhalten der Polizei ausgewertet« werde, schrieb Coppi, dessen Eltern die Faschisten in Plötzensee hingerichtet hatten. Davon abgesehen dankte Hans Coppi der Polizei, dass sie den kürzlich erfolgten rechtsextremen Brandanschlag auf das Haus der Demokratie in Zossen so schnell aufklärte. Ein 16-Jähriger konnte als Täter ermittelt werden.

»Wir brauchen Bürgerinnen und Bürger mit Zivilcourage, aber genauso brauchen wir Polizistinnen und Polizisten, die die Bürgerinnen und Bürger schützen«, verlangte Zossens Linksfraktionschef Carsten Preuß. In Anbetracht der Eskalation rechtsextremer Gewalt sei die beabsichtige Schließung der Polizeiwache in der Stadt das falsche Signal.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.