Chronist der Vorhölle
Victor Klemperer zum 50. Todestag
Nach der Veröffentlichung der Tagebücher Victor Klemperers brachte es Martin Walser in seiner Laudatio zur postumen Verleihung des Geschwister-Scholl-Preises 1995 sofort auf den Punkt: »Ich kenne keine Mitteilungsart, die uns die Wirklichkeit der NS-Diktatur faßbarer machen kann, als es die Prosa Klemperers tut. Nirgends sonst habe ich den Verbrecherstatus der damaligen Machthaber so erleben können wie in diesen Tagebüchern. Wie der staatlich produzierte Haß die einen zur puren Bösartigkeit, andere zur reinen Menschlichkeit motiviert. Andere zum Wegschauen.«
Jahrzehnte hindurch hatte der Rabbinersohn mit leidenschaftlicher Energie als Romanist vergebens um die wissenschaftliche Anerkennung seiner Publikationen gekämpft, die ihm einen Platz an einer ordentlichen deutschen Universität sichern sollten. Als ihm nach zahllosen zerschlagenen Hoffnungen ein Kölner Kollege auf die Frage, wie es um seine Berufung in Köln stehe, mitteilt, »nach z...
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