Leichen im Keller der Mainzer CDU
Julia Klöckners Wahlkampf beginnt mit Streit um dessen Finanzierung
Kaum ist Julia Klöckner an der Start gegangen, spricht die SPD von einem »handfesten Skandal«. Sie ist die designierte CDU-Spitzenkandidatin in Rheinland-Pfalz und damit Herausforderin von SPD-Regierungschef Kurt Beck bei der Landtagswahl im März 2011. Roger Lewentz, Vorsitzender des SPD-Parteirates, wirft der oppositionellen Union vor, sie lasse sich die Wahlkampfauftritte vom Steuerzahler finanzieren. Ein Vorwurf, den die CDU entrüstet zurückgewiesen hat.
Staatssekretärin, halbtags
Dabei geht es um den Vorwurf, dass Frau Klöckner in ihrer Funktion als Staatssekretärin im Bundesverbraucherschutzministerium durch das Bundesland reise und damit Wahlkampftermine verbinde. Lewentz spricht in diesem Zusammenhang von einer »Halbtags-Staatssekretärin«. An diesem Freitag startet die 37-Jährige nun in Bingen eine Reihe von CDU-Regionalkonferenzen. Politische Beobachter in der Landeshauptstadt warten gespannt auf konkrete Aussagen der Senkrechtstarterin nicht nur zur Landespolitik, sondern auch zu den diversen Affären in der eigenen Partei. Im Zusammenhang mit der sogenannten Nürburgring-Affäre waren zwei Landtagsabgeordnete der CDU ins Schussfeld geraten, von denen einer inzwischen sein Mandat zurückgegeben hat.
Spitzenkandidatin Klöckner hat sich bisher jeder Bewertung der Skandale enthalten. Sie soll am 17. April in Mainz offiziell zur Spitzenkandidatin ernannt werden – elf Monate vor der Landtagswahl. Obwohl die junge Frau schon einiges an politischer Erfahrung mitbringt, ist man auch in der CDU gespannt, wie sie die Arbeit in Berlin und die Rolle als Herausforderin des routinierten Mainzer Regierungschefs unter einen Hut bringen will. Bei der letzten Umfrage Ende 2009 lag Klöckner mit 39 Prozent um elf Punkte hinter Kurt Beck.
Die Kritik der SPD zeige, so CDU-Generalsekretär Josef Rosenbauer, dass die Sozialdemokraten angesichts der neuen Herausforderin dünnhäutig würden. Die SPD aber wird, das steht jetzt schon fest, das Thema Wahlkampf-Finanzierung bei jeder sich bietenden Gelegenheit aufgreifen. Julia Klöckner wird es schwer genug haben, auch wenn Becks beste Zeit wohl hinter dem Regierungschef liegt. Nach vielen Jahren innerparteilicher Streitereien und persönlicher Animositäten ist die Landes-CDU mit ihrem Vorsitzenden Christian Baldauf trotzt leicht ansteigender Umfragewerte immer noch geschwächt. Dazu tragen nicht nur die jüngsten Affären bei. Es geht auch um 386 000 Euro, die von der Partei vor rund fünf Jahren nicht ordnungsgemäß belegt, im schlimmsten Fall sogar für den damaligen Landtagswahlkampf zweckentfremdet wurden.
Schwerer Gesetzesverstoß
Der Fall ist zudem deshalb so brisant, weil auch Markus Hebgen, der ehemalige CDU-Fraktionsgeschäftsführer, seiner Partei vorwirft, sie habe mit diesem Geld einen Teil des Landtagswahlkampfes illegal aus der Fraktionskasse finanziert. Wenn dies zutrifft – und vieles scheint dafür zu sprechen – wäre dies ein schwerer Verstoß gegen das Parteiengesetz. Die CDU müsste zur Strafe das Dreifache der Summe zurückzahlen und wäre damit nahezu pleite.
Hebgen will sich daran erinnern, dass er den damaligen christdemokratischen Partei- und Fraktionschef Christoph Böhr mehrfach auf die »Schwierigkeit« der Finanzierung durch die Fraktion angesprochen habe. Die Wahl vor fünf Jahren endete für die CDU desaströs: Sie fiel auf 32,8 Prozent, Becks Sozialdemokraten kamen auf 45,6 Prozent und errangen damit die absolute Mehrheit.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.