Werbung

Freie Bühne '07

Anne Frank und Frédéric Chopin

  • Tyl Alexander
  • Lesedauer: 3 Min.

Es sind 20 Mitspieler, alles Amateure, jüngere wie ältere, auch junge Mütter mit ihren Kindern, die in ihrer Freizeit Theater spielen. Und das nun schon seit über drei Jahren. »Freie Bühne 07« nennt sich das kleine Ensemble und sein Domizil hat es im Nachbarschaftszentrum Berlin-Hessenwinkel im Stadtteil Treptow/Köpenick.

Im vergangenen Jahr gab es eine vielbeachtete Bearbeitung und Neufassung vom »Tagebuch der Anne Frank«, das aus Anlass des 80. Geburtstages des im KZ Bergen-Belsen umgebrachten Mädchens am 12. Juni 2009 seine Erstaufführung hatte. Inzwischen wurde das Stück mit großem Nachhall in Berliner Schulen, Kulturstätten und Ende Oktober in Slubice am Collegium Polonicum, ein Teil der Europa-Universität »Viadrina«, vor rund 150 polnischen Schülern und Studenten aufgeführt. Im Anschluss daran überreichte der Direktor der Universität, Krzystztof Wojciechowski, der jungen Darstellerin der Anne das erste Exemplar des ins Polnische übersetzten Textbuches des Stücks.

Auch zwei Bühnenfassungen von Hans-Christian Andersens Märchen »Das Feuerzeug« und »Der Tannenbaum« wurden bereits unter viel Beifall aufgeführt. Autor und Regisseur ist der Leiter der Gruppe Roland Müller, ein Schriftsteller aus Köpenick. Gründungsmitglieder sind ferner Regisseur und Schauspieler Matthias Schubert, die Diplom-Psychologin Ines Sperling, der Pantomime Michail Milmeyster und Keyboarder Fred Hoffmann.

In diesem Jahr, in dem weltweit der große polnische Musikvirituose und Komponist Frédéric Chopin anlässlich seines 200. Geburtstages am 22. Februar geehrt wird, hat sich die »Freie Bühne 07« etwas Besonderes vorgenommen. »Chopin und Georg Sand« heißt das Stück, das Roland Müller schrieb und worin es um ein Liebesabenteuer der französischen Romanschriftstellerin mit dem acht Jahre jüngeren Chopin auf der Insel Mallorca im Winter 1838 geht.

George Sand suchte damals für ihren Geliebten und sich sowie für ihre beiden Kinder aus ihrer Ehe mit dem Baron Dudevant eine feste Bleibe und kam in einer Zelle des Karthäuserklosters in dem Bergdorf Valldemossa unter, das die spanische Regierung per Dekret zur zivilen Nutzung freigegeben hatte. In diesem romantischen Stück geht es recht turbulent zu. Ein vertriebener Mönch kehrt zurück, dann feiern die Eingeborenen unangemeldet nachts ihren Karneval in der Wohnzelle der beiden Liebenden. Schließlich verschlechtert sich die Tuberkulose Chopins in dem ungewohnten Klima, und George Sand, die mit ihren fast 200 Romanen als produktivste Schriftstellerin in die Geschichte einging, wird zur Krankenschwester und rettet Chopin das Leben.Vorher muss auch noch das Klavier Chopins aus Frankreich über das Mittelmeer bis auf Mallorca gebracht werden, wofür der Zoll mehr kostete als das ganze Instrument. Die Autorin und der Komponist waren übrigens die beiden ersten Touristen auf dieser Trauminsel zwischen Europa und Arabien.

Im Mittelpunkt steht dabei natürlich Chopins herrliche Klaviermusik, wovon er das bekannte »Troisième Scherzo« tatsächlich in jener Klosterzelle »Nummero zwo« komponiert hat. Das Klavier steht heute noch da, und die gesamte Anlage ist inzwischen ein Museum unter spanischer u n d polnischer Aufsicht. Ein echtes Stück Kultur vom Geiste des neuen Europa.

Die deutsche Uraufführung des Stückes, made in Berlin, wird am 17. Oktober 2010 um 17 Uhr im Theaterkeller vom Nachbarschaftszentrum in Hessenwinkel stattfinden. Das ist zugleich der Todestag von Chopin vor 161 Jahren. Danach geht das Amateurensemble aus dem Südosten Berlins auf Gastspielreise.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das beste Mittel gegen Fake-News und rechte Propaganda: Journalismus von links!

In einer Zeit, in der soziale Medien und Konzernmedien die Informationslandschaft dominieren, rechte Hassprediger und Fake-News versuchen Parallelrealitäten zu etablieren, wird unabhängiger und kritischer Journalismus immer wichtiger.

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!

Unterstützen über:
  • PayPal