Wahlkampfauftakt im Stockholmer Riksdag

Schweden: Schlagabtausch zur Außenpolitik

  • Gregor Putensen
  • Lesedauer: 2 Min.
In Schwedens Parlament fand dieser Tage die alljährliche »Frühjahrsdebatte« zur Außenpolitik statt. Aber nicht der frühe Zeitpunkt der von der Regierung der bürgerlichen Vierparteienkoalition anberaumten Reichstagssitzung machte die Beratung brisant, vielmehr prägten bereits die im September dieses Jahres stattfindenden Parlamentswahlen die Debatte.

Seit Monaten liegen die drei Oppositionsparteien – Sozialdemokraten, Grüne und Linke – in den Meinungsumfragen um vier bis zehn Prozentpunkte vor den Werten des Regierungslagers. Die Koalitionsparteien hatten zwar gehofft, dass sich Schwedens EU-Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2009 zu ihren Gunsten auswirken würde, doch obwohl der konservative Premierminister Fredrik Reinfeldt die Aufgabe insgesamt clever meisterte, blieb der Bonus aus: Die Spitzenwerte der persönlichen Beliebtheit Reinfeldts schweben weit über den Zustimmungsraten für die Regierungsparteien.

Unverkennbar veranlasste dieser Umstand Außenminister Carl Bildt (konservative Sammlungspartei) dazu, fast die gesamte Regierungserklärung zur Außenpolitik unter dem Blickwinkel der EU-Politik abzuhandeln. Der direkte Bezug zum Lissabonner EU-Vertrag, der im Dezember 2009 in Kraft trat, bestimmte den Geist der Bildt-Rede. Besondere Kritik der Opposition fand dabei die viele Deutungen zulassende Militanz der Aussagen. So verkündete Bildt, dass »Schweden sich nicht passiv verhalten wird, wenn ein anderes EU-Land angegriffen« werde. Er erwarte daher, dass auch sein Land in einer ähnlichen Lage nicht allein gelassen werde. Schweden übernehme »solidarische Verantwortung für Europas Sicherheit«.

Die im Herbst vorigen Jahres gebildete Allianz der drei Oppositionsparteien kritisierte in scharfen Wortwechseln das Fehlen jeglicher konkreter Aussagen zu der historisch gewachsenen Grundlage der Außenpolitik Schwedens – der militärischen Bündnisfreiheit zum Zwecke der Neutralität im Kriegsfall. Welche Konsequenzen hätten militärische Konflikte in der Nachbarschaft Schwedens – genannt wurden die baltischen NATO-Staaten – für das Verhalten des Landes? Generell liege der sich der NATO andienende Regierungskurs nicht im Interesse des Volkes.

Statt konkrete Antworten zu bekommen, erntete die rot-rot-grüne Opposition jedoch den Hohn des Außenministers. Bildt versuchte, die Forderungen nach Rückbesinnung auf eine vermittelnde Außenpolitik wie seinerzeit unter Olof Palme in die Nähe hoffnungsloser Schlafmützigkeit zu rücken. Garniert wurde das Ganze mit einer im Riksdag ansonsten kaum bekannten arroganten Flapsigkeit. So nannte der Außenminister seine Opponenten »Castros Umarmer«, »Taliban-Tolerierer« und Anhänger eines »halbvernebelten Halbkommunismus«.

Allerdings bietet die Opposition den bürgerlichen Parteien trotz eines bereits 64 gemeinsame Positionen umfassenden Programms zur Ablösung der Regierung immer noch genügend Angriffsflächen. Dazu gehören die zur Zeit noch bestehenden erheblichen Divergenzen von Rot-Rot-Grün in der Afghanistan-Frage. Während die Linkspartei für einen konsequenten Rückzug des Militärs vom Hindukusch eintritt, beharren Sozialdemokraten und Grüne auf einer Mischung aus verstärkter Zivilkomponente und fortgesetzter schwedischer Militärpräsenz.

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