CDU sucht die neuen Wärmestuben
Erbitterte Debatte im Abgeordnetenhaus über Schuld und Unschuld in der Howoge-Affäre
Die Hauptperson war nicht anwesend: der SPD-Abgeordnete und Pankower Bauunternehmer Ralf Hillenberg ist derzeit beruflich in der Ukraine unterwegs, was lange geplant gewesen sei, wie es aus seiner Fraktion hieß. So musste er sich gestern im Abgeordnetenhaus nicht mit anhören, wie die Opposition über »roten Filz« und »SPD-Bausumpf« herzog.
Der Anlass: Hillenbergs Baufirma hatte Aufträge der landeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Howoge für Plattenbauprojekte in Buch ohne Ausschreibung erhalten. Dadurch habe die Howoge viel Geld gespart, weil er billiger arbeite als die Konkurrenz, hatte sich Hillenberg verteidigt. Für Bewohner in den betroffenen Wohnungen sollte sich dagegen die Miete verdoppeln.
Opposition und SPD schlugen sich im Parlament alle Bau- und sonstigen Skandale der Vergangenheit um die Ohren. Den Verweis auf den Antes-Skandal »mit Akteuren aus dem CDU-Umfeld« durch den SPD-Abgeordneten Frank Jahnke konterte sein CDU-Kollege Florian Graf mit dem Garski-Skandal, »bei dem erstmals die sozialdemokratischen Wärmestuben ausgefegt wurden«. Seit Wowereits Amtsantritt habe sich laut Graf nun wieder ein »System des Genossenfilzes« etabliert. CDU-Fraktionschef Frank Henkel warf der SPD »Selbstbedienungsmentalität« und fehlendes Unrechtsbewusstsein vor. Durch ihre »Verflechtung mit landeseigenen Unternehmen« machte sie sich »die Stadt zur Beute«. Das Vergaberecht sei durch ein »Auftragsgeschacher unter Parteifreunden« umgangen worden.
In die gleiche Kerbe schlug FDP-Fraktionschef Christoph Meyer. Nach schwarz-rotem gebe es nun rot-roten Filz, von einem Mentalitätswechsel sei nichts zu spüren. Es bestehe der Verdacht, dass an Hillenberg Planungsleistungen nach dem Motto »Man kennt sich eben« vergeben wurden.
SPD-Wirtschaftsexperte Frank Jahnke warf der Opposition billige parteipolitische Profilierung vor. Die Howoge sei keine »Genossenschaft«, weder mit noch ohne Anführungszeichen. Aus dem möglichen Fall eines SPD-Abgeordneten einen SPD-Bausumpf zu konstruieren, sei ein sehr durchsichtiges Manöver. Die SPD habe ein massives Interesse, alle Verdächtigungen aufzuklären. Er verwies auf die vom Howoge-Aufsichtsrat veranlasste Sonderprüfung. Sollte die Auftragsvergabe nicht ordentlich gelaufen sein, werde der Senat die Konsequenzen ziehen.
Als unrechtmäßig, mieterunfreundlich und falsch bezeichnete die stellvertretende Fraktionschefin der Linkspartei, Jutta Matuschek, das Verhalten der Howoge. Sie ging auf Distanz zu Hillenberg, dessen Verhalten sie als »mehr als geschäcklerisch bezeichnete. Jetzt müsse der Vorgang komplett aufgeklärt werden. »Vor notwendigen Konsequenzen werden wir nicht zurückschrecken.«
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.