Ausweg aus häuslicher Gewalt
Frauenzentrum Paula Panke unterhält seit 15 Jahren eine Zufluchtswohnung
Als vor 15 Jahren vom Frauenzentrum Paula Panke eine anonyme Zufluchtswohnung eingerichtet wurde, war der eingetragene Verein fünf Jahre alt. Seit dieser Zeit kamen immer wieder Frauen in das Pankower Zentrum, um hier Schutz und Beratung zu finden. Sie waren Opfer von häuslicher Gewalt geworden, suchten Zuflucht und vor allem Hilfe. Um ihnen dauerhaft zu helfen und einen Ausweg aus Gewalt und Misshandlungen zu zeigen, erweiterte das Frauenzentrum sein umfangreiches Beratungsangebot um eine Zufluchtswohnung für Frauen und deren Kinder.
»Drei Frauen und zwei Kinder wohnen derzeit in den vier Zimmern«, erklärt gestern in einem Pressegespräch gegenüber ND Projektleiterin Birgit vom Frauenzentrum. Sie arbeitet seit zwei Jahren hier und möchte, um die Frauen besser schützen zu können, nicht ihren vollständigen Namen nennen. Ebenso die zweite Sozialpädagogin Ursula, die Frauen und Kinder seit vier Jahren in der Wohnung betreut. Jubiläen sind häufig ein Grund zum Feiern. »In diesem Fall jedoch, wäre es schön, wenn wir die Wohnung nicht mehr bräuchten«, meint die Projektleiterin. Dennoch ist sie froh, dass sie solange die zu etwa 90 Prozent ausgelastete Zufluchtsstätte tragen können. Das ist auch möglich geworden, weil häusliche Gewalt kein Tabuthema mehr ist und die Bereitschaft in der Gesellschaft wächst, auch etwas gegen Gewalt im privaten Bereich zu unternehmen. Finanziell unterstützt wird Paula Panke dabei vom Bezirk und vom Senat.
Untersuchungen belegen, dass jede vierte Frau in Deutschland Formen körperlicher, seelischer oder sexueller Gewalt durch ihre Partner in den eigenen vier Wänden erfährt. Oft dauert es Jahre, bis sich die Betroffenen an Beratungsstellen wenden. »Sie schämen sich, suchen nicht selten beim eigenen Verhalten die Schuld, wollen den Kindern nicht den Vater nehmen und hoffen auf bessere Zeiten.« Diese Erfahrungen machen die Sozialarbeiterinnen immer wieder. Akut von Gewalt betroffenen Frauen raten sie, in ein Frauenhaus zu fliehen, die es seit Mitte der 70er Jahre in Berlin gibt und deren Angebot kostenlos ist. Vor den Einzug in eine Wohnung gibt es dagegen erst ein Vorgespräch. Mietkosten werden geklärt, ebenso die Hilfe bei Ämtergängen oder Unterstützung beim eigenen Weg in einen neuen, gewaltlosen Lebensabschnitt. Vier bis sechs Monate wohnen durchschnittlich die Frauen mit ihren Kindern in dieser Zufluchts-WG. Es ist der erste Schritt in eine eigene Wohnung, hier finden sie Abstand und Ruhe und vor allem professionelle Beratung.
»Die körperliche Gewalt steht nicht in Vordergrund, ganz selten kommen Frauen, die offensichtlich geschlagen wurden. Vielmehr ist es die oft jahrelange psychische Gewalt, die die Frauen belastet«, weiß Birgit. Es gibt Frauen, die ständig kontrolliert werden, obwohl sie arbeiten, kein eigenes Geld haben und vieles mehr. Zugenommen hat auch die Verschuldung von Frauen, ebenso psychische Auffälligkeiten. Ein Drittel der Frauen, die bei Paula Panke Schutz suchen, sind Migratinnen, insbesondere aus Osteuropa. Für Sprachmittler hat das Zentrum kein Geld. Die Gebärdensprache jedoch beherrschen die Mitarbeiter. Sie haben auch die DVD mit Hilfsangeboten speziell für gehörlose und schwerhörige Frauen mitgestaltet, die gerade erschienen ist. »Unser Wunsch ist es, dass nun auch unsere Wohnung technisch für Gehörlose ausgerüstet wird«, meint die Projektleiterin. »Und mehr spezielle Angebote für Kinder, die nicht nur unter dem Schulwechsel leiden«, ergänzt ihre Kollegin.
Zufluchtswohnungen gibt es seit 1983 in Berlin, ein bis heute einmaliges Angebot bundesweit. 43 sind es in neun Bezirken, die Platz für 117 Frauen in Gemeinschafts- oder Einzelwohnungen bieten.
Frauenzentrum Paula Panke e.V. Schulstr. 25, 13187 Pankow, Tel.: 485 47 02, www.paula-panke.de – bei akuter Gewalt die BIG Hotline 030-611 0300 oder die Polizei 110 anrufen.
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