Pierre Kaldor

Ein Nachruf

  • Horst Betghe
  • Lesedauer: 2 Min.

Im 98. Lebensjahr ist Pierre Kaldor verstorben – ein Anwalt für die Freiheit der Menschen, Ritter der Ehrenlegion, Teilnehmer der Resistance, Befreier des französischen Justizministeriums von Vichy-Leuten und Nazi-Besatzern 1944, Strafverteidiger von angeklagten Führern der Befreiungsbewegung aller französischen Kolonien – von Algerien bis Vietnam –, Aktivist der Solidaritätsbewegung mit den afrikanischen Völkern, aktiver Kommunist, juristischer Berater von Gewerkschaften und linksregierter Kommunen in Frankreich, Beistand in vielen Berufsverboteprozessen vor deutschen Verwaltungsgerichten, Sachverständiger im Untersuchungsausschuss der Internationalen Arbeitsorganisation (IAO/ILO) in Genf und vor dem Europäischen Menschenrechtsgerichtshof in Straßburg, Verfasser zahlreicher Gutachten, Redner auf nationalen und internationalen Meetings, Konferenzen und Kundgebungen, Gründer und Organisator des französische »Komitees für die Meinungsäußerungsfreiheit in der BRD« und aktiv im Komitee zur Rehabilitierung von Ethel und Julius Rosenberg. .

Bei den Prozessen, in denen er anwaltlich tätig wurde, ging es ihm zuerst immer um den Menschen, der vor Gericht stand, ob als Angeklagter oder Kläger. Das waren ihm nie »Fälle«, das waren ihm Menschen, denen er immer Mut machte zu kämpfen, deren Widerstandsfähigkeit er förderte. Ein Goethe-Spruch, den Dimitroff in einem Brief aus dem deutschen Gefängnis am 16. August 1933 zitiert hatte, war Kaldors Motto: »Gut verloren – etwas verloren, Ehre verloren – viel verloren, Mut verloren – alles verloren.« Er vermittelte Mut und bewies Mut: So, als er mit einer von seiner Frau Charlotte besorgten Strickleiter über eine sieben Meter hohe Gefängnismauer ausbrach (heute im Resistance-Museum bei Paris ausgestellt), oder als er den arroganten Vertretern der Bundesregierung vor dem Europäischen Menschenrechts-Gerichtshof entgegentrat und sich nicht das Wort abschneiden ließ.

Die deutsche Linke hat einen Achselkämpfer verloren.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Mehr aus: