Er war der letzte Kunde

Ein Bordell ging pleite – nun traf man sich vor Gericht wieder

  • Lesedauer: 3 Min.

Mein Gott, was sind manche Männer doch fies! Sie gönnen einem nicht das kleinste Vergnügen. Noch schlimmer, sie wollen aus den stillen männlichen Schwächen skrupellos Kapital schlagen. So der 40-jährige Alexander. Eigentlich heißt er gar nicht Alexander, doch sein Ex-Freund Wolfgang nennt ihn so, den Ex-Bordellbetreiber Hussain L. Nun landet der elegante Hussain, alias Alexander, wegen Erpressung auf der Anklagebank.

Stechend süßer Duft wabert durch den Gerichtssaal und bringt die Protokollantin mehrfach an den Rand der Ohnmacht. Es ist nicht der Geruch verwester Leichen, es ist das Parfum des Angeklagten. Wen er hier betören will, bleibt im Dunkeln, die Richterin auf keinen Fall. Die gestrenge Dame mit jahrzehntelanger Prozesserfahrung führt ein unbarmherziges Regime und bestraft jede leise Abschweifung mit einem hysterischen Anfall. Und Alexander schweift nur so, dass die Schwarte kracht. So um die 2005, erzählt er, hatte er eine Geschäftsidee. Er gründete in der Steglitzer Hubertusstraße einen Puff. Kein gewöhnliches Etablissement. Ein exklusives Bordell sollte es sein, mit Kamin, Sauna, Bar und Schwimmbad im Keller. Das kostet. Aber er hatte ja einen guten Kunden. Wolfgang, ergrauter Bauunternehmer mit Hang zu cholerischen Anfällen und zur Schwerhörigkeit. Wenn der kam, dann flatterten die Scheinchen. Es waren immer ein paar tausend Euro, die er in einer Nacht hinblätterte. »Unter 1000 Euro bekommt man doch nichts geboten«, erklärte er der genervten Richterin. »Ich gehe doch nicht mit der Plastetüte ins Bordell.«

Das Geschäft mit dem dezenten Schild »Club« lief gar nicht gut, das Rotlicht wurde durch den Energieversorger ausgeknipst. Bald war der alternde Wolfgang der einzige Kunde. Es kam wie es kommen musste. Hussain ging pleite, wurde vom Vermieter auf die Straße gesetzt und wollte die sprudelnde Quelle aber nicht verlieren.

Und so soll er seinem Glück mit kriminellen Mitteln ein wenig nachgeholfen haben, meint die Staatsanwaltschaft. Würde Wolfgang nicht 25 000 Euro für die Gründung einer Neuexistenz im horizontalen Gewerbe rüberwachsen lassen, dann würden Bilder mit dem splitternackten Unternehmer, der Mann ist 68, und einer ebenfalls unbekleideten Dame hinter den Scheibenwischern der Firmenfahrzeuge und in der Geschäftspost des Unternehmens auftauchen, heißt es in der Anklageschrift. Wolfgang zahlte 5500 Euro, beim nächsten Treff war die Polizei informiert, die Falle schnappte im Büro des Unternehmers zu. Die Zivilbeamten packten den Erpresse und schmetterten ihn zu Boden. Ein Zahn ging in die Brüche.

»Alles erstunken und erlogen«, schwört Hussain. Es habe eine Übereinkunft mit dem Unternehmer gegeben, das Geld seien Restbeträge aus Dienstleistungen und Vorauszahlungen für einen Neustart gewesen. »Alles erstunken und erlogen«, kreischt Wolfgang in den Saal. »Der wollte mich gnadenlos abkassieren.«

Wer sagt die Wahrheit? Die anrüchigen Beweisfotos existieren nicht oder nicht mehr. Alle Zahlungen erfolgten unter Männern, also ohne Belege. Und die Polizei griff geschickterweise genau in dem Moment zu, als Wolfgang laut »Erpressung« schrie, Hussain aber nicht in der Lage war, etwas Belastendes zu sagen. Somit steht Aussage gegen Aussage. Beide schummeln, beide sehen sich als Opfer. Die Richterin glaubte dem Kapital und nicht der Pomade. So muss Alexander-Hussain büßen.

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