Obama erfüllt ein Wahlversprechen

US-Repräsentantenhaus billigte mit knapper Mehrheit reduzierte Gesundheitsreform

  • Max Böhnel, New York
  • Lesedauer: 3 Min.
Präsident Barack Obama hat die Reform des USA-Gesundheitswesens durchgesetzt und will das Gesetzeswerk noch an diesem Dienstag unterzeichnen. Nach monatelanger heftiger Debatte segnete das Repräsentantenhaus Sonntagnacht (Ortszeit) mit 219 zu 212 Stimmen das wichtigste innenpolitische Projekt des Staatschefs mit knapper Mehrheit ab.
»Wir haben bewiesen, dass wir immer noch ein Volk sind, das Großes leisten kann. Diese Reform ist nicht radikal, aber grundlegend«, erklärte US-Präsident Obama wenige Minuten nach der Abstimmung sichtlich erschöpft. »So sieht Wandel aus«, ließ er seinen Anhängern wenig später über Twitter nachlegen. Noch an diesem Dienstag will der Präsident das Gesetzeswerk nach der Annahme durch den Senat, in dem eine einfache Mehrheit von 51 Stimmen als ausgemacht galt, feierlich unterzeichnen.

Bis zuletzt war das Verfahren eine Zitterpartie. Denn die Reform stieß sowohl bei den Republikanern als auch beim konservativen Flügel der Demokraten auf Widerstand. Den Ausschlag gab Obamas Zusage an die Abtreibungsgegner in den eigenen Reihen, er werde finanzielle Bundeshilfen für Schwangerschaftsabbrüche per Präsidialanordnung untersagen. Die vor allem katholischen »Lebensschützer« um den Abgeordneten Bart Stupak (Bundesstaat Michigan) hatten gedroht, das Ausbleiben »zusätzlicher Sicherheiten« für ein bereits geltendes Gesetz werde die Reform zum Scheitern bringen.

In den Medien wurde das Gesetzeswerk als »historisch« bezeichnet. Die Gesundheitsreform war eines von Obamas wichtigstem Wahlkampfversprechen. Sie sieht für 32 Millionen bislang unversicherte US-Amerikaner eine Pflichtgrundversicherung vor. Gleichzeitig soll die Versicherung für Arme – »Medicade« – ausgeweitet werden. Gestaffelte staatliche Zuschüsse gibt es für Familien mit einem Jahreseinkommen bis zu 88 000 Dollar. Versicherer sollen einer Kontrolle unterzogen werden, unter anderem bei Prämienerhöhungen. Darüber hinaus wird es Versicherungen untersagt, die Behandlung »vorab bestehender« Krankheiten abzulehnen. Unternehmen werden außerdem unter der Androhung von Strafzahlungen verpflichtet, Lohnabhängigen im Betrieb eine Versicherungsprämie anzubieten. Ab 2014 sollen Bundesstaaten sogenannte Gesundheitsbörsen einrichten, an der US-Amerikaner Policen vergleichen und kaufen können.

Eine staatliche Krankenversicherung oder eine »public option« als Alternative zu den privaten Versicherern, wie sie sich vor allem Linke und sozialdemokratisch Orientierte gewünscht hatten, wird es jedoch nicht geben. Doch müsse der Kampf dafür weitergeführt werden, betont das linksgerichtete Wochenmagazin »The Nation«. Die rechten Republikaner im Kongress kündigten derweil an, die tatsächlichen und mutmaßlichen Auswirkungen der Gesundheitsreform zum Wahlkampfthema bei den Zwischenwahlen im November zu machen. Sie kritisierten die Kosten der Reform und warnten vor zu großen Eingriffen des Staates. »Werden wir den Pfad der Freiheit wählen oder den Pfad der Regierungs-Tyrannei?«, fragte der Republikaner-Abgeordnete Ted Poe. Sein Parteikollege Paul Ryan nannte das Gesetz einen »haushaltspolitischen Frankenstein«.

Vor der Debatte im Repräsentantenhaus hatten sich beim Kapitol Tausende Rechte versammelt, die »Kill the bill«, »USA statt UdSSR« oder »Steckt Hussain Obama ins Gefängnis« skandierten. Aus der Menge heraus wurden schwarze Demokraten als »Nigger« beschimpft und ein homosexueller Abgeordneter geschmäht – ein Hinweis auf das aggressive Klima, das Konservative und Rechtsextreme in den kommenden Monaten verschärfen werden.

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