System Ehlert im Abgeordnetenhaus
Volksvertreter streiten über Ursachen des Skandals bei der Treberhilfe
Der Skandal um die Treberhilfe erreichte gestern das Berliner Abgeordnetenhaus. In einer Aktuellen Stunde beschäftigten sich die Abgeordneten mit dem dubiosen Geschäftsgebaren des Sozialunternehmens, das in der Hauptstadt rund 3000 Klienten betreut – und offenbar mit staatlichen Leistungen hohe Gewinne machte.
Über das Skandalöse dieses Vorgangs, dass öffentliche Gelder für die Ärmsten in den Taschen eines dreisten Geschäftsführers landeten, waren sich alle Abgeordneten einig. Darüber gab es keinen Dissenz. Den gab es hingegen bei der Bewertung der Ursachen, die die Maserati-Affäre erst möglich machten.
»Es geht nicht nur mehr um einen Maserati, sondern um Filz«, griff der CDU-Abgeordnete Gregor Hoffmann direkt den Senat an. Die Verdachtsmomente gegen die Treberhilfe und neuerdings gegen Independent Living seien lange bekannt gewesen, so Hoffmann. Dennoch habe der Senat auf die Vorwürfe nicht reagiert und somit Mitverantwortung an dem massiven Vertrauensverlust, die dem sozialen Bereich in der Stadt durch die Maserati-Affäre in den vergangenen Wochen entstanden ist.
Die Grünen gingen noch über die Anschuldigungen der Union hinaus und erklärten, dass das System des Ex-Treberhilfe-Geschäftsführers Harald Ehlert nur funktionieren konnte, weil er als SPD-Mitglied und ehemaliger Abgeordneter, der gemeinsam mit dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit im Hauptausschuss saß, bestens in das Netzwerk der Sozialdemokraten eingebunden gewesen wäre. »Uns ist nicht entgangen, dass Harald Ehlert den Vorraum des Casinos hier im Abgeordnetenhaus belegt hat, um die für seine Arbeit wichtigen Abgeordneten abzufangen«, sagte die Grüne-Abgeordnete Jasenka Villbrandt. Um solchen Seilschaften entgegenzuwirken, gehöre deshalb nach Sicht der Grünen auch die Steuerung sozialer Dienstleistungen auf dem Prüfstand.
Dass der Skandal um die Treberhilfe, den inzwischen auch die Staatsanwaltschaft aufgrund des Vorwurfes der Veruntreuung öffentlicher Gelder untersucht, jedoch nur Folge von Günstlingswirtschaft war, glaubt die LINKE-Abgeordnete Elke Breitenbach nicht. Sie machte stattdessen nochmals deutlich, in welchem Bereich die Gewinne bei der Treberhilfe gemacht wurden. »Sie müssen Zuwendungen und Entgelte unterscheiden«, sagte Breitenbach. Während im Bereich der Zuwendungen bereits hohe Transparenz vorhanden sei, da die Anbieter von Leistungen jeden Cent abrechnen müssen, sieht dies bei den Entgelten anders aus: Bei dieser Variante erhalten Sozialunternehmen Pauschalen, die durch bundesgesetzliche Rahmenbedingungen festgelegt sind. »Der Senat trägt nicht die Verantwortung, das ist Bundesgesetzgebung«, erklärte Breitenbach. Schließlich sei es auch die damalige schwarz-gelbe Bundesregierung gewesen, die Mitte der Neunziger Jahre den Wettbewerb im Entgelt-Bereich eingeführt habe. Seitdem seien überdies die Kontrollmöglichkeiten deutlich reduziert worden. Der Senat könne etwa nicht prüfen, ob die Löhne der 280 Beschäftigten der Treberhilfe Mindeststandards entsprechen. Die Abgeordnete der LINKEN wies zudem darauf hin, dass die Aufklärung der Vorwürfe bei der Treberhilfe maßgeblich durch das CDU-Mitglied Carsten Lobbedey aus Steglitz-Zehldendorf blockiert worden sei, der verhindert habe, das Prüfberichte veröffentlich wurden.
Sozialsenatorin Carola Bluhm (LINKE) will nun auf die Maserati-Affäre mit einer »Transparenzoffensive« reagieren. Deren Motto: »Transparenz und Kontrolle vor Wettbewerbslogik«. Erarbeitet werden sollen die verschiedenen Maßnahmen des »Berliner Codex« gemeinsam mit den Wohlfahrtsverbänden, aber auch Transparency International. Zentrale Punkte sind unter anderem die Pflicht, operatives Geschäft und Kontrolle zu trennen. Zudem soll ein Unternehmen ab einer bestimmten Größe einen Aufsichtsrat installieren. »Bei nachhaltigen Verstößen gegen den Kodex soll dies zum Ausschluss führen«, kündigte Bluhm an.
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