Jedes Grün sichert Lebensqualität
Umweltverbände fordern klimafreundliche Stadtgestaltung / Senat erarbeitet dafür Plan bis Anfang 2011
Die Folgen des Klimawandels treffen vor allem Ältere, Kinder und die Ärmsten. »Tropische Nächte«, Hitzestress im Sommer und Trockenheit schlagen auf das Herzkreislaufsystem, erzeugen generelles Unwohlsein. Bis zum Jahr 2050, so schätzen Klimaschutzexperten, werden sich die durchschnittlichen Temperaturen in der Metropole Berlin um 2,5 Grad erhöhen – wobei der Anstieg in den Innenstadtbereichen noch um einiges höher ausfallen dürfte.
Um diesem Temperaturanstieg entgegenzuwirken, müssen Anpassungsstrategien entwickelt werden, die die künftigen Veränderungen abmildern. Der Umweltverband Grüne Liga hat deshalb jetzt ein neues Projekt konzipiert, dass sich »grüne Höfe für ein gutes Klima« nennt. »Für dicht besiedelte Städte bedeutet jeder begrünte Hof, jede Kletterpflanze an der Fassade und jedes grüne Dach eine Verbesserung des Stadtklimas und der Lebensqualität«, erklärt Karen Thormeyer, die das Vorhaben betreut. Dessen Ziel ist es, praktische Maßnahmen aufzuzeigen, wie Bürger mit Einverständnis der Hauseigentümer selbst aktiv werden können. Wie eine solche Hofbegrünung im Idealfall aussehen kann, zeigt die Umweltorganisation in einem Musterhof in der Prenzlauer Allee 230 im Stadtteil Prenzlauer Berg. Interessierte, die hierzu Beratungsbedarf haben, können sich kostenlos an die Grüne Liga wenden, sagt Thormeyer.
Auch der Naturschutzbund Deutschland (NABU) setzt sich gegenwärtig im Rahmen seines Projekts »StadtKlimaWandel« mit der Klimaveränderung auseinander – allerdings auf Bundesebene. Aber vor allem große Metropolen wie Berlin dürften am stärksten Betroffen sein, betont der Referent des Projekts, Andreas Puhr, gegenüber ND. Dichte Bebauung, Beton und Asphalt speichern die Wärme bei Hitze und strahlen sie wieder ab. Die hohen Temperaturen erzeugen wiederum niedrigere Luftfeuchtigkeit. »Gegen diese Prozesse sind Entsiegelung und Begrünung die einfachsten Methoden«, meint Puhr. Hinzu kommt, dass das Grün nicht nur Sauerstoff produziere und CO2 binde, sondern auch Feinstaub aus der Luft filtere. »Außerdem fühlen sich Menschen in einer grünen Umgebung einfach wohler als zwischen Glas und Beton.« Die grundsätzliche Notwendigkeit zum Handeln hat unterdessen auch der rot-rote Berliner Senat erkannt. Derzeit erarbeitet ein Team um den Professor der Technischen Universität (TU), Stefan Heilmann, im Auftrag der Verwaltung einen sogenannten Stadtentwicklungsplan Klima. Über dessen Inhalt will der zuständige Mitarbeiter bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung allerdings noch nichts preisgeben: »Wir fangen gerade erst an«, erklärt Heinz Brandl. Bis Anfang 2011 soll der Plan, der Anpassungserfordernisse berücksichtigen wird, fertig sein. Weitere Vorhaben, wie die Schaffung einer Modellstadt Klima für die Internationale Bauausstellung (IBA) 2017, will Brandl erst gar nicht kommentieren. Das wäre absolute Zukunftsmusik.
Für den Berliner Landesverband des Bundes für Umwelt- und Naturschutz (BUND) indes sind die derzeitigen Vorhaben des Senats ungenügend. »Statt reine Anpassungsmaßnahmen in dem Plan festzulegen, müsste der Senat ein Konzept entwickeln, das auch präventive Maßnahmen beinhalte«, kritisiert BUND-Klimaschutzreferent Ulf Sieberg. Das hieße auch wichtige Flächen für den Klimaschutz auszuweisen. In New York etwa würde kein Wolkenkratzer mehr ohne Dachbegrünung gebaut. Solche Vorbildprojekte sind dagegen aus Berlin nicht bekannt, moniert Sieberg. »Oder kennen Sie ein Verwaltungsgebäude in Berlin das ein grünes Dach besitzt?«
Beratung zur Hofbegrünung von der Grünen Liga: 030-443 391-0
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