Als IM »Jürgen« bis zuletzt geführt

Neue Vorwürfe gegen den Landtagsabgeordneten Hoffmann / Er will jetzt dazu nichts sagen

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 2 Min.

Der Landtagsabgeordnete Gerd-Rüdiger Hoffmann, der nicht mehr der Linksfraktion, jedoch der Linkspartei angehört, wurde offenbar auch noch in den Jahren 1981 bis 1989 vom DDR-Ministerium für Staatssicherheit als Inoffizieller Mitarbeiter (IM) geführt. Die Stasi-Unterlagenbehörde entdeckte vorher nicht bekannte Dokumente und gab sie am Donnerstag an Journalisten weiter, bestätigte Sprecher Steffen Mayer am Freitag.

Bislang drehte es sich bei dem Streit um Hoffmann nur um eine Tätigkeit des damaligen Oberschülers und Grenzsoldaten als IM »Schwalbe« in den Jahren 1970 bis 1974. Darüber hatte er vor seiner Nominierung nicht korrekt informiert. Er selbst beteuerte, er habe sich nicht an alle Details erinnern können. Das half ihm aber nicht. Ihm drohte der Ausschluss aus der Linksfraktion. Dem kam er zuvor, indem er die Fraktion selbst verließ. Einen Parteiausschluss lässt das Statut im vorliegenden Fall nicht zu.

Jetzt heißt es, dass der Experte für afrikanische Philosophie ab September 1981 von der Spionageabwehr als IM »Jürgen« geführt worden sei. Persönliche Berichte oder eine Verpflichtungserklärung liegen jedoch nicht vor. Hineingezogen sind in sehr fragwürdiger Weise in diese Angelegenheit nun ein Entwicklungshelfer in Westberlin und ein Redakteur in Wien, mit denen Hoffmann bei Auslandsreisen Kontakt hatte, und außerdem seine Ehefrau, mit der er zusammen für die Staatssicherheit aktiv gewesen sein soll.

Der Abgeordnete möchte sich augenblicklich öffentlich zu den Vorwürfen nicht äußern, sondern erst einmal die Unterlagen studieren. »Ich habe Akteneinsicht beantragt«, sagte der 57-Jährige.

»Wir waren konsequent, er nicht«, reagierte der stellvertretende Landes- und Fraktionsvorsitzende Stefan Ludwig. Auch nach seiner Enttarnung im Dezember habe Hoffmann »nicht offengelegt, was jetzt zutage trat«. Zwar gelte zunächst immer die Unschuldsvermutung, jedoch bestehe derzeit kein Grund für Zweifel. Darüber, ob Geheimdienste entweder generell abzulehnen sind oder aber Auslandsspionage als legitimes Mittel eines jeden Staates anzusehen wäre, wird im aktuellen Fall nicht geredet. Auf eine Frage in dieser Richtung antwortete Ludwig, der Abgeordnete habe nicht nur das Vertrauen der Partei, sondern auch das seiner Wähler missbraucht, indem er »erneut nicht die Wahrheit gesagt hat«. »Deshalb muss er sein Mandat zurückgeben.«

Hoffmann hatte in einer frühen Phase seiner Enttarnung erzählt, dass er als 17-Jähriger eigentlich Kundschafter des Friedens sein wollte. Kundschafter des Friedens, so lautete in der DDR die gängige Bezeichnung für Agenten im Ringen mit dem kapitalistischen Ausland.

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