»Ein anderes Gesicht Israels«
Studenten der Jerusalemer Kunsthochschule Bezalel stellen in der Universität der Künste aus
Hat eine Ausstellung in Berlin für Bezalel gut 100 Jahre nach seiner Gründung eine besondere Bedeutung?
Sperber: Die Anfänge von Bezalel sind eng mit Berlin verbunden, weil Berlin zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts das Zentrum jüdischer Kunst war. Als 1903 das Fundament für die Gründung Bezalels gelegt wurde, waren viele Repräsentanten aus Berlin daran beteiligt. Das erste Exekutivkomitee Bezalels bestand aus Berliner Künstlern – daher gab es von Anfang an einen starken Einfluss. Die Dozenten und die frühen Präsidenten von Bezalel waren deutsche Künstler und haben ihren ganzen Einfluss mitgebracht. Im Laufe der Jahre blieben wir in Kontakt und gegenwärtig wird der vor allem durch unser Studentenaustauschprogramm und den Austausch von Dozenten aufrecht erhalten. Berlin ist der beliebteste Ort unserer Studenten und wir empfangen viele Studenten aus Deutschland. Es ist eine natürliche Entwicklung.
Haben Sie das Gefühl, dass sich damit ein Kreis schließt? Während des Zweiten Weltkriegs kam der große Bruch und nun gibt es ein Wiederaufleben der Kontakte?
Ja, es ist wahr. Die Akademie musste während des Zweiten Weltkriegs sogar schließen, weil es keine Finanzhilfen aus Deutschland mehr gab. Später gab es wieder eine Art Öffnung. Wir erleben gegenwärtig immer noch die Wiedergeburt der Beziehungen, wir kämpfen noch.
Nach welchen Kriterien haben Sie die künstlerischen Arbeiten ausgewählt, die in Berlin gezeigt werden?
Wir wollten, dass es eine Ausstellung wird, die zeigt, wo Bezalel heute steht. Es sind zeitgenössische Arbeiten oder Arbeiten von Bezalel-Absolventen der vergangenen vier oder fünf Jahre. Es sind einige wenige Arbeiten aus jedem Studiengang. Wir wollten damit einen Eindruck davon vermitteln, was wir hier tun und was israelische Kunst ist. Es soll die vielen Facetten von Bezalel zeigen.
Welchen Einfluss haben Kunst und Design aus Deutschland auf Bezalel?
Weil so viele der ersten Lehrer aus Berlin kamen, muss es einen großen Einfluss gegeben haben, insbesondere durch den Bauhaus-Stil, in den frühen Tagen Bezalels. Wir sind sehr traditionell – obwohl wir natürlich auch fortschrittlich und modern sind – aber irgendwie sind wir unseren Wurzeln sehr nahe.
Deshalb ist der deutsche Einfluss darin eingebettet. Viele unserer Dozenten waren auch Studenten hier und viele ihrer Kinder sind ebenfalls Studenten in Bezalel. Daher setzt es sich durch die Generationen fort. Heute haben wir natürlich auch Gastdozenten aus Deutschland.
Die deutschen Austauschstudenten bilden die größte Gruppe innerhalb der ausländischen Studenten Bezalels. Sind Sie darauf stolz?
Sehr stolz! Es ist aber keine große Überraschung – unsere Studenten sind sehr interessiert daran, in die großen Städte zu gehen, New York, London, Berlin, Paris sind beliebte Orte. Aber der beliebteste Zielort unserer Studenten ist Berlin. Und ich denke, was uns auch stolz macht, ist, dass Jerusalem offenbar für sie auch ein beliebter Standort ist. Ich kann nicht erklären, warum so viele deutsche Studenten kommen, ich denke, wahrscheinlich sind einige sehr neugierig und interessiert. Vielleicht, weil wir so viele Studenten nach Deutschland schicken und sie dort eine Art Botschafterfunktion haben und einen guten Eindruck machen.
Wie werden die deutschen Studenten in Bezalel aufgenommen?
Wir haben einen Orientierungstag, an dem ihnen die verschiedenen Studienrichtungen gezeigt werden. Sie werden als reguläre Studenten behandelt, wir stellen sicher, dass sie jemanden haben, der ihnen mit der Sprache hilft. Sie gehen in die hebräischen Vorlesungen, weil wir sie nicht von den anderen Studenten trennen wollen. Aber die meiste Arbeit ist praktisch ausgerichtet und alle Dozenten sprechen Englisch, so dass sie vieles erklären können.
Politisch ist Israel international zunehmend isoliert. Kann die Kunst als eine Art alternativer Botschafter dienen?
Es besteht kein Zweifel daran, dass die Kunst Brücken schlagen kann, wie es andere Kommunikationskanäle nicht können. Wir sind stolz darauf, dass wir Brücken schlagen können, in Israel selbst und auch international. Wir zeigen der Welt ein anderes Gesicht Israels.
Bis 6. Mai, Universität der Künste, www.udk-berlin.de
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