Proteste gegen Kopfpauschale

Soziale Initiativen stellten Kampagnen gegen die Gesundheitspläne vor

  • Peter Nowak
  • Lesedauer: 2 Min.
Während die Bundesregierung an den Plänen zur Umgestaltung des Gesundheitssystems festhält, bereiten sich Gewerkschaften und soziale Initiativen auf Proteste vor.

»Die Kopfpauschale könnte zum Katalysator einer Protestbewegung werden, die noch größer wird als die Bewegung gegen Hartz IV«, sagte Nadja Rakowitz vom Verein demokratischer Ärztinnen und Ärzte am Dienstag in Berlin. Dort hatte sie auf Einladung der AG Gesundheitsreform des Bündnisses »Wir zahlen nicht für Eure Krise« einen Überblick über die Pläne der Bundesregierung im Gesundheitsbereich gegeben. Sie bezeichnete diese Politik als Ökonomisierung des Gesundheitswesens, in dem es noch Bereiche geben würde, die nicht vollständig der Kapitallogik unterworfen sind. Das könnte sich bald ändern. Im Pflegebereich sei die Kapitalisierung schon wesentlich weiter fortgeschritten.

Allerdings machte Rakowitz auch deutlich, dass nicht nur die Rezepte des Doktor Rösler zur Ökonomisierung des Gesundheitswesens beitragen. Schon Horst Seehofer, der sich jetzt als Gegenspieler zu den FDP-Plänen feiern lässt, habe als Gesundheitsminister im Kabinett von Helmut Kohl die Weichen in Richtung Privatisierung gestellt. Die größte Verantwortung für diese Entwicklung weist Rakowitz allerdings der Politik der rot-grünen Bundesregierung zu. Als Stichpunkte nannte sie die Einführung der Praxisgebühr und die Einfrierung des Arbeitgeberanteils bei der Finanzierung des Gesundheitssystems. Daran will die FDP mit der Kopfpauschale anknüpfen.

Eine Protestbewegung solle sich nicht auf die Kostenfrage beschränken, sondern die Unterwerfung der Gesundheitspolitik unter Kapitalinteressen insgesamt kritisieren. »Gesundheit darf keine Ware sein«, kann dabei eine mobilisierungsfähige Forderung sein, weil diese Überzeugung in großen Teilen der Bevölkerung verbreitet ist. Rakowitz empfahl der Protestbewegung, an diesen Punkt auch stärker antikapitalistische Inhalte in die Bevölkerung zu tragen. »Wenn im medizinischen Bereich eine Unterwerfung unter die Kapitallogik abgelehnt ist, warum soll die dann in der Bildung oder der Arbeitswelt nicht auch infrage gestellt werden können«, fragte sie.

Auf der Veranstaltung stellten verschiedene Initiativen ihre Aktivitäten gegen die Gesundheitsreform vor. Vorreiter war der Online-Kampagnendienst Campact, dessen Unterschriftenaktion gegen die Kopfpauschale auf große Resonanz gestoßen ist. Eine Campact-Sprecherin betonte, dass die Initiative die Widersprüche in der Koalition ausnutzen will.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) will in den nächsten Wochen mit einer Kampagne gegen die Kopfpauschale beginnen. Ole Baumann vom Büro für medizinische Flüchtlingshilfe, das sich um die gesundheitliche Versorgung von Menschen ohne Papiere kümmert, betont, dass es heute schon eine Drei- oder Vierklassenmedizin gebe. Menschen ohne Papiere würden ausgegrenzt. Die Initiative fordert eine Gesundheitsversorgung für alle in Deutschland lebenden Menschen – unabhängig von ihrem Aufenthaltsstatus.

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