GSW: Rot-Rot bangt um Mehrheit
In SPD-Fraktion gibt es weiter viele Kritiker des Börsengangs
Für die SPD droht die Sondersitzung des Abgeordnetenhauses am Montag über den Börsengang der GSW zu einer Zerreißprobe zu werden. In der Fraktionssitzung am Dienstagabend stimmten nur 33 Abgeordnete für den Plan der privaten GSW-Eigentümer, das bis 2004 landeseigene Unternehmen am Aktienmarkt zu platzieren. Dagegen sprachen sich 14 Parlamentarier aus. Ohne Zustimmung durch das Land dürften die US-Eigentümer bis 2014 nur 50 Prozent der GSW-Anteile an die Börse bringen.
Trotz der vielen Gegenstimmen ist SPD-Fraktions- und Parteichef Michael Müller zuversichtlich, dass seine Fraktion am Montag geschlossen für den Börsengang votiert. Denn bei strittigen Sachfragen gelte, dass die Mehrheit der Fraktion auch das Abstimmungsverhalten im Parlament bestimme. Im Vermögensausschuss hatten sich die SPD-Abgeordneten bereits zuvor zusammen mit LINKEN und der FDP für den Börsengang entschieden. Die unübersichtliche Lage bei der SPD wird dadurch illustriert, dass vom Parteivorstand die Börsenpläne abgelehnt wurden. Mehrere SPD-Kritiker des Deals zeigten sich denn auch gestern noch unentschlossen über ihr Abstimmungsverhalten am Montag. Bleiben nur zwei SPD-Abgeordnete bei ihrem Nein, hätte Rot-Rot keine eigene Mehrheit mehr, was einem Misstrauensvotum gleichkäme.
An der Linkspartei wird das voraussichtlich nicht liegen, ihre Abgeordneten wollen für den Börsengang stimmen. »Durch den vom Finanzsenator ausgehandelten Ergänzungsvertrag bleibt die GSW als eigenständiges Unternehmen erhalten und die 2004 festgelegten Mieterschutzklauseln behalten ihre Gültigkeit«, so die Haushaltsexpertin Jutta Matuschek. Ohne Zustimmung zum Börsengang drohe die Gefahr der Zerschlagung des Unternehmens.
Die Grünen wollen gegen den Börsengang stimmen. »Obwohl die ganze Stadt über steigende Mieten diskutiert, beschließt Rot-Rot den Börsengang einer Kleinstadt mit 50 000 GSW-Wohnungen«, kritisierten die Fraktionschefs Ramona Pop und Volker Ratzmann. Selbst die CDU profiliert sich als Mieterschutzpartei und spricht sich gegen die Pläne aus, weil die Sicherung des Mieterschutzes ungeklärt und die GSW ihren Investitionsverpflichtungen nicht nachgekommen sei.
Der Berliner Mieterverein appellierte in einem Brief an die Abgeordneten, »die Bewirtschaftung von Wohnungen nicht den Unwägbarkeiten und Risiken des Börsenhandels zu unterwerfen«, so Geschäftsführer Reiner Wild. Wohnungen seien auch Sozialgut, der Börsengang gefährde diese Funktion. Der Mieterverein erinnerte an den Börsengang der einst bundeseigenen Wohnungsbaugesellschaft Gagfah, an deren Aktieninhaber eine Dividende von zwölf Prozent ausgeschüttet werde. Bei den GSW-Mietern wachse deshalb die Sorge vor erheblichen Mietsteigerungen. Kommentar Seite 4
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.