Pressestelle

Mit Zähnen und Klauen

  • Tobias Riegel
  • Lesedauer: 3 Min.

Von entwaffnender Ehrlichkeit wurden die Leser der »BZ« am vergangenen Dienstag überrascht. Gunnar Schupelius – Schöpfer der täglichen Hau-Drauf-Kolumne »Mein Ärger« und kraft dieses Amtes Boulevardmann fürs besonders Grobe – gestand gleich im ersten Absatz seiner Abhandlungen zu den neuen CDU-Integrations-Leitlinien: »Ich habe das Programm nicht verstanden, es ist mir zu kompliziert.«

Ob Schupelius dem Konzept tatsächlich nicht folgen konnte oder aber jenem Papier nur den Anschein von Komplexität verleihen wollte, sei dahin gestellt. Fakt aber ist, dass es im darauf folgenden Absatz schlagartig vorbei ist mit der Ehrlichkeit. Ausgehend vom Berliner CDU-Abgeordneten Burkhard Dregger beschreibt Schupelius dort Dreggers Vater Alfred als »legendären Gentleman der Bundes-CDU«. »Legendär« mag man ja noch gelten lassen, »Gentleman« passt auf einen der reaktionärsten Kalten Krieger Westdeutschlands eher weniger.

Dregger Juniors Sprache aber scheint – wie die des Vaters – nach Schupelius' Geschmack zu sein: »Art und Ausmaß der Zuwanderung soll ausschließlich nach deutschen Interessen erfolgen«, »nicht das Christentum muss sich anpassen, sondern der Islam«, »wer Ausländern das Wahlrecht geben möchte, der löst das deutsche Staatsvolk als Souverän unserer Verfassung auf« – so die markigen Dregger-Übersetzungen des »Integrations«-Papiers.

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Ganz alleine – aber durchaus anders – hat der »Tagesspiegel«- Redakteur mit Kürzel »wvb« das gleiche CDU-Papier verstanden. »Fördern und Fordern« sei Kern des Konzeptes, die CDU positioniere sich »in der Mitte der Gesellschaft«, sei »offen für Ausländer«, wolle gar »Aufstieg durch Bildung« gewährleisten, beschreibt die Ausgabe vom Mittwoch die CDU-Vorhaben. Ein Konzept, das – wie dieses – so gezimmert ist, dass es sich in diesem Maße entgegengesetzt auslegen lässt, ist vor allem eines: ein perfektes Instrument zum politische Lavieren.

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Einfach mal einen politischen Tapetenwechsel wünscht sich herrlich unbegründet Ulrich Zawatka-Gerlach im »Tagesspiegel« vom Montag. Er sieht das Regieren nicht als trockenen Dienst am Bürger, sondern eher als Farbenspiel, und träumt – Ästhet, der er ist – davon, dass sich im Herbst nicht nur die Blätter färben. »Schwarz, Gelb oder Grün«, statt dem seit 1954 mitregierenden »Rot« – das wäre doch mal eine Abwechslung. Angesichts der schwarz-gelben Arbeit im Bund scheint die zwar nicht gerade erstrebenswert, aber Zawatka-Gerlach nennt dennoch gute und differenzierte Gründe für einen Politikwechsel: Bei der Berliner SPD gehe derzeit »alles ziemlich drunter und drüber.«

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Größe beweist die »BZ« in der Ausgabe vom Freitag, indem sie eine Preisverleihung an Undercover-Journalist Günter Wallraff vermeldet. Was die Zeitung ihren Lesern jedoch verschweigt, ist, dass die erwähnten Enthüllungen, für die Wallraff geehrt wurde, zum großen Teil bei der »BZ« vor der Haustüre stattfanden: bei der großen, radikalen Springer-Schwester »Bild« nämlich – die mit Zähnen und Klauen gegen Wallraffs Veröffentlichungen ankämpfte.

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Aus vieler Menschen Seele sprach in der Morgenpost vom Freitag ein Leser: »Mittlerweile habe ich genug Geschichten über den blauen Storch aus Brandenburg gelesen.« Die so erzeugte Sympathie verscherzt er sich jedoch gleich im nächsten Satz. Mit den Worten, »dass das kein natürliches Phänomen ist, sondern Farbe, war mir von Anfang an klar«, outet er sich ohne Not als echter Schlaumeier.

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