Nichts als Rauschen
Ein Privatsender ließ drei sächsische Bürgerradios abschalten. Die Medienanstalt schweigt
Über Monate hinweg lieferten sich freie Radiosender in Leipzig, Chemnitz und Dresden einen Streit mit dem sächsischen Privatsender Apollo. Seit dem Wochenende nun herrscht Schweigen. Doch das verheißt nichts Gutes. Denn die Betreiberfirma für Sendenetze, Media Broadcast, hat auf Antrag des Privatradios Apollo das Signal der freien Sender sperren lassen.
In den kleinen, unabhängigen Redaktionen ist man fassungslos. »Wir haben einfach nicht geglaubt, dass ein Privatradio tatsächlich die Abschaltung lizenzierter freier Bürgerradios bewirken kann«, sagt Patricia Mellmann vom Dresdner coloRadio.
Der Disput war zuletzt so verworren wie festgefahren. Der Privatsender Apollo hatte von der Landesmedienanstalt Frequenzen zugesprochen bekommen – musste diese jedoch, so die Bedingung, mit den freien Radios teilen. Zum Streit kam es, als der Privatsender den Bürgerradios Kosten anteilig in Rechnung stellte. Solche Zahlungen sind nach Angaben der ehrenamtlichen Medienaktivisten nie vereinbart gewesen. Bei den unabhängigen Sendern ist man sich sicher: »Apollo verstößt gegen geltendes Medienrecht.«
Angebote vorgelegt
Der kommerzielle Privatsender musste sich »konfrontatives, erpresserisches Vorgehen« vorhalten lassen. Ohne eine rechtliche Grundlage sei man schließlich gar nicht in der Lage, etwaige Zahlungen zu leisten, argumentierten die betroffenen Redaktionen: Die Gelder der freien Radios kämen vom Staat, es gebe deswegen eine besondere Verantwortung.
In der Tat scheinen die Apollo-Betreiber wenig Energie in eine Einigung investiert zu haben. »Für uns besteht kein Grund, die angekündigte Abschaltung nicht umzusetzen«, sagte Nico Nickel, Sprecher von Radio Apollo, am Freitag der Deutschen Presse-Agentur. Zuvor hatte die anwaltliche Vertretung der Bürgerradios verschiedene Angebote vorgelegt – jedoch ohne Resonanz.
Der Konflikt wird nun nicht nur auf juristischer, sondern auch auf politischer Ebene fortgeführt. Denn während der Leipziger Stadtrat Ende Februar 20 000 Euro für den Betrieb eines der betroffenen Bürgerradios bewilligte und sich auch der Dresdner Stadtrat für eine Einigung einsetzte, hält sich die Landesmedienanstalt bisher bedeckt. Entgegen dem üblichen Vorgehen in anderen Bundesländern hatte die Landesbehörde den freien Radios 2009 erstmals die Finanzierung über Gelder der staatlichen Gebühreneinzugszentrale verweigert. Diese Kosten belaufen sich in Sachsen insgesamt immerhin auf 40 000 Euro.
Anhörung im Landtag
Für den kommenden 3. Mai wurde wird in dieser Sache eine öffentliche Anhörung im sächsischen Landtag anberaumt. Nach der Eskalation von Wochenende dürfte mit einer regen Beteiligung zu rechnen sein. Indessen senden die zensierten Bürgerradios zumindest im Internet weiter.
Die Programme können im Internet live abgerufen werden unter:
www.cms.radiot-chemnitz.de/index.php
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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