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Zeitzeugin
Trude Simonsohn wird mit dem Ignatz-Bubis-Preis geehrt
Heute erhält die Holocaust-Überlebende Trude Simonsohn in der Frankfurter Paulskirche den diesjährigen Ignatz-Bubis-Preis für Verständigung. Jahrzehntelang berichtete sie deutschlandweit in Schulen von ihren Erlebnissen wären des »Dritten Reichs«. Durch dieses Engagement habe sie vielen Jugendlichen eine »Wertorientierung der Menschlichkeit« vermittelt und sich mutig gegen Fremdenfeindlichkeit eingesetzt, begründet das Kuratorium seine Wahl. Damit verkörpere sie die Werte, für die sich Ignatz Bubis eingesetzt habe. Die Auszeichnung ist nach dem früheren Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland benannt. Sie wird alle drei Jahre verliehen und ist mit 50 000 Euro dotiert.
Trude Simonsohn wurde am 25. März 1921 als Trude Gutmann in Olmütz im tschechischen Mähren geboren. Als die deutsche Wehrmacht 1939 in Tschechien einmarschierte, verweigerte man ihr als Jüdin eine Berufsausbildung. Ihre Eltern wurden in die Konzentrationslager Dachau und Auschwitz verschleppt und kamen dort ums Leben. Nach dem Attentat auf SS-Obergruppenführer Reinhard Heydrich, den stellvertretenden Reichsprotektor von Böhmen und Mähren, verhaftete man auch Gutmann. Ihr wurde Hochverrat vorgeworfen. Nach mehreren Monaten Einzelhaft brachte man sie in das Ghetto Theresienstadt. Dort lernte sie den Sozialpädagogen und Juristen Berthold Simonsohn kennen und heiratete ihn kurz bevor beide weiter deportiert wurden. Im Mai 1945 befreite die Rote Armee sie aus dem KZ Merzdorf. Ihr Mann überlebte im KZ Dachau.
Nach dem Krieg zog das Ehepaar erst in der Schweiz. Dann folgten 1950 Hamburg und 1955 Frankfurt am Main. Simonsohn betreute zunächst Tuberkulose-Kranke, dann traumatisierte Holocaust-Waisen. Und schließlich berichtete sie als Zeitzeugin über die Verbrechen in der NS-Zeit. Das Leben Simonsohns wurde zweimal filmisch porträtiert.
Simonsohn ist die vierte Preisträgerin nach dem ehemaligen Bundestagspräsidenten Wolfgang Thierse im Jahr 2001, Franz Kamphaus, dem früheren katholischen Bischof von Limburg 2004, und 2007 Walter Wallmann (CDU), ehemals Frankfurter Oberbürgermeister.
Antje Stiebitz
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