Gedenken an armenische Tragödie
Massenmord vor 95 Jahren entzweit bis heute Türken und Armenier
Jerewan/Paris (dpa/ND). 95 Jahre nach dem Massenmord an Armeniern im Osmanischen Reich gedachten am Wochenende weltweit Hunderttausende der Opfer. Der armenische Präsident Sersch Sargsjan legte am Mahnmal in der Hauptstadt Jerewan Blumen nieder. Er dankte jenen Staaten, die das 1915 von Türken angerichtete Massaker als Völkermord einstuften.
Weil die Türkei die Anerkennung als Genozid ablehnt, sind die Beziehungen zwischen Ankara und Jerewan gespannt. In Istanbul gab es nach Medienberichten am Wochenende erstmals überhaupt eine Gedenkveranstaltung türkischer Menschenrechtler und Intellektueller, die an die Tragödie erinnerten.
In Jerewan gedachten auch am Sonntag Hunderttausende Menschen der Ermordung ihrer Landsleute. »1,5 Millionen Tote, ein ganzes Volk seiner Heimat beraubt, die Auslöschung einer alten Kultur – das sind die Ergebnisse einer staatlichen Politik und Ideologie, die die Vernichtung der Armenier zum Ziel hatte«, sagte Staatschef Sargsjan.
USA-Präsident Barack Obama sprach nach Angaben des Weißen Hauses von »einer der schlimmsten Grausamkeiten des 20. Jahrhunderts«.
In Frankreich, wo rund eine halbe Million Menschen die größte Diaspora Armeniens bilden, versammelten sich in Paris tausende Trauernde. »Wir sind nicht hier, um eine Aktion gegen die Türkei zu organisieren, sondern wollen der getöteten Armenier gedenken«, sagte Chansonnier Charles Aznavour (85), der armenischer Abstammung und UN-Botschafter Armeniens ist. Aznavour forderte in Paris eine Fortsetzung des Versöhnungskurses mit der Türkei.
Armenien erinnert traditionell am 24. April an die Tragödie, die an diesem Tag mit der Erschießung von Intellektuellen ihren Anfang genommen hatte. Sargsjan hatte am Donnerstag den erst im Oktober vergangenen Jahres eingeleiteten Versöhnungsprozess mit der Türkei eingefroren. Hintergrund war auch der Streit um die Bewertung des Blutbads. Nach unterschiedlichen Schätzungen kamen 1915/16 zwischen 200 000 und 1,5 Millionen Armenier im Osmanischen Reich ums Leben. Der Vorwurf des Völkermords wird von der Türkei, die Rechtsnachfolgerin des Osmanischen Reichs ist, bestritten. Die Armenier hätten damals an der Seite des Kriegsgegners Russland gestanden, heißt es in der Türkei.
Bei einer Gedenkfeier in der Frankfurter Paulskirche wurde die Türkei ermutigt, den Genozid an den Armeniern »vorbehaltlos« anzuerkennen. Bischof Stephan Ackermann forderte »Aufklärung des Geschehens, verbunden mit einem ehrlichen und umfassenden Eingeständnis von Schuld und Versagen«. Gleichzeitig widersprach Ackermann der These von der Kollektivschuld der damals lebenden Türken.
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