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Mythos »böse Frau«

Heilige oder Hure

  • Anouk Meyer
  • Lesedauer: 3 Min.

Ob in den Mythen der Antike, Persiens oder der Germanen, in der Bibel oder im Märchen: Durch alle Sagen zieht sich die Figur der »bösen Frau«, meist schön, aber rücksichtslos, rachsüchtig oder zumindest allzu neugierig; man denke an Pandora, Eva oder Medusa, an Salome oder die böse Hexe aus dem Märchen. Wie die zeitgenössische Kunst mit dieser Figur und ihrer Symbolik umgeht, spürt die Achtzig-Galerie in Mitte mit der Gruppenausstellung »Böse Frau sucht Mann« nach.

Der Titel verweist ironisch auf das Stereotyp der verführerischen Frau, die ihre Schönheit zu »niederen« Zwecken einsetzt oder zum Spielball männlicher Begierden wird, dafür letztlich aber mit Tod, Verbannung oder, wie Medusa, mit Entstellung bestraft wird. Immerhin dominierte über Jahrtausende diese männliche Sichtweise, in der starke, selbstbewusste Frauen per se als Unruhestifterinnen galten, dabei unerwünschter und doch faszinierender Gegenpart zu den füg- und duldsamen Müttertypen waren. Heilige oder Hure, dazwischen gab es lange nichts.

Etliche der in der Achtzig-Galerie ausgestellten Werke spielen genüsslich mit diesen Rollenklischees, ohne sie zu banalisieren. So wimmelt es in den zarten Aquarellen der Galeriebesitzerin Diana Achtzig vor Symbolen wie Apfel oder Fliegenpilz, präsentiert von halb nackten Frauen mit wallender Mähne – die sich aber nicht anbieten, sondern streng bzw. verträumt den Betrachter anblicken, während sie jemanden oder etwas an der Leine halten – in einem Fall drei kleine Froschmänner. Märchenhaft und witzig zugleich ist diese dreiteilige Reihe, der die Ausstellung ihren Titel verdankt.

Die Berlinerin Barbara Gerasch bildet in ihren großformatigen Tableaus Protagonistinnen wie das arme Mädchen aus dem Märchen »Sterntaler« oder die Urfrau Eva ab, wobei letztere hier die Züge von Paris Hilton trägt. Völlig nackt räkeln sich die Frauen in den erotischen Aktzeichnungen von Evelyn Sommerhoff, die letztes Jahr mit dem Benninghauspreis ausgezeichnet wurde. Die Berliner Künstlerin lotet in ihren expressiv-kraftvollen Zeichnungen – mit schwarzer oder roter Tusche auf Pergament geworfen – elementare Augenblicke der Lust aus: Salome, die Femme fatale aus der Bibel, reckt sich mit lustvoll zurückgeworfenem Kopf dem Betrachter entgegen, Danae erwartet mit gespreizten Schenkeln Zeus. Schwarz und Rot dominieren auch in den Werken von Mathias Melchert, der merkwürdige Vogel- und Insektenwesen mit dünnen Stelzenbeinen paarweise ihr Unwesen treiben lässt, eingekratzt in Lack- oder Acryloberflächen.

Huren, Affen, albtraumhafte Nachtwesen bevölkern dagegen die Bilder von Frank Hoppmann. Dass er eigentlich Karikaturen zeichnet, lässt sich nicht verleugnen, gleichzeitig aber haben Atmosphäre und Gestalten der großformatigen Acrylbilder etwas Bedrohliches. Abstrakte Gips- und Polyesterplastiken von Peter Gragert sowie Nils Frankes Mini-Installation »Augenmerk« komplettieren die gut zusammengestellte Schau.

Bis 1.5., Do.-Sa. 15-20 Uhr; Achtzig-Galerie, Brunnenstr. 150

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