EuGH-Urteil setzt Gewerkschaften enge Grenzen
Umsetzung der 2007 beschlossenen »Lex Laval« in Schweden und Dänemark nur unter Protest
Als der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2007 im »Laval-Urteil« entschied, dass nationale Gewerkschaften nicht Firmen aus anderen EU-Ländern zwingen dürfen, ihre Beschäftigten nach den Tarifen des Gastlandes anzustellen, schränkte dies deren Handlungsmöglichkeiten drastisch ein. Laval war eine in Schweden aktive lettische Baufirma, deren Lohnpraktiken Blockaden der Bauarbeitergewerkschaft auslösten. Die Umsetzung des Urteils in nationales Recht fällt jedoch unterschiedlich aus, wie die Beispiele Schweden und Dänemark, beide bürgerlich regiert, zeigen.
Im jetzt angenommenen schwedischen Gesetz hat die jeweilige Gewerkschaft den Beweis zu erbringen, dass eine ausländische Firma das Gesetz nicht einhält, bevor ein Arbeitskampf eingeleitet wird. Die »Lex Laval« lässt es zu, dass ausländische Firmen schwedische Tarife unterlaufen, solange die nationalen eingehalten werden. In der Praxis bedeutet das lediglich den Mindestlohn und gewisse andere Minimumforderungen wie Überstundenzuschläge des Heimatlandes. »In der Praxis heißt das, das eine Firma bloß ein Stück Papier vorweist als Beweis, dass sie nicht unter Tarif bezahlen. Wir sollen dann beweisen, dass sie lügen, und das wird unglaublich schwer«, erklärte der Gewerkschaftsjurist Claes-Mikael Jonsson.
Das schwedische Gesetz geht damit über die Prämissen des EU-Urteils hinaus. Gewerkschaftsbund und Opposition aus Linken und Grünen sehen das Gesetz als einen generellen Angriff auf das gewerkschaftliche Konfliktrecht. Sie haben angekündigt, die Lex Laval bei den im Herbst anstehenden Parlamentswahlen zum Thema machen zu wollen. »Nur ein Regierungswechsel kann das Gesetz stoppen, sonst ist es zu spät, es zu ändern«, kommentierte Wanja Lundby-Wedin, Vorsitzender des Gewerkschaftsdachverbandes, Lex Laval.
In Dänemark wurde schon 2009 ein Laval-Gesetz angenommen, das eine juristische Möglichkeit suchte und fand, sowohl das Gesetz in dänisches Recht umzuformen als auch die Grundzüge des dänischen Arbeitsrechtes zu behalten. Um den Arbeitsmarktpartnern die Möglichkeit zu bewahren, Lohn- und Arbeitsbedingungen weiterhin selbst zu verhandeln statt per Gesetz zu verabschieden, wurde kurz gesagt die Zulassung einer B-Version der bestehenden dänischen Tarife beschlossen. Hier werden ausländische Firmen verpflichtet, einen Lohn zu zahlen wie die wichtigste Mindesttarifvereinbarung es festlegt und dies »mit der notwendigen Klarheit« gegenüber den Vertrauensleuten zu dokumentieren. Auf anderen Gebieten können die Arbeitsbedingungen denen des Heimatlandes folgen und damit ausländische Arbeitskraft weiterhin billiger machen als dänische. Auch der Dachverband der dänischen Gewerkschaften will bei den kommenden Parlamentswahlen, die spätestens 2011 stattfinden müssen, um eine Änderung kämpfen, kann aber widerstrebend auch mit den jetzigen Regelungen leben. Würden sie um die volle Anerkennung dänischer Tarife kämpfen, drohen auch kleckliche Strafen und Arbeitnehmer müssen mit unterschiedlichen, teils diskriminierenden Lohn- und Arbeitsbedingungen je nach Herkunftsland leben.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.