Fauler Kompromiss in Bayern
Koalition einigt sich über Flüchtlingsunterbringung
Berlin (ND-Klemm). Nach langem Hin und Her haben FDP und CSU in Bayern ihren Streit über die Unterbringung von Flüchtlingen beigelegt: Sobald ihr Asylverfahren beendet ist, sollen Familien mit Kindern und Alleinerziehende zukünftig aus den staatlichen Flüchtlingsunterkünften ausziehen dürfen. Alle anderen Flüchtlinge werden maximal vier Jahre nach Abschluss des Verfahrens in den Gemeinschaftsunterkünften bleiben müssen. Am Donnerstag setzten CSU und FDP ihren ausgehandelten Kompromiss im Sozialausschusses durch.
Glücklich mit diesem Kompromiss scheinen nur die Christsozialen zu sein. Innenminister Joachim Herrmann (CSU) sagte am Mittwoch im Bayerischen Landtag, dass den wirklich Verfolgten sehr gut Aufnahme gewährt werde. Nach wie vor befürworte die Koalition in Bayern die Gemeinschaftsunterkünfte. »Völlig übertriebene Forderungen«, so der Minister, »haben wir nicht akzeptiert – und das ist auch gut so.« Damit spielte Herrmann auf Forderungen von Flüchtlingsinitiativen und Liberalen an. Die FDP wollte alle alleinstehenden Frauen und Schwangere von einer Zwangsunterbringung in den Heimen ausnehmen.
Die Reaktionen der FDP auf die Einigung fielen entsprechend verhalten aus. Ausschussvorsitzende Brigitte Meyer (FDP) sagte: »Der Kompromiss, den wir gefunden haben, ist der kleinste gemeinsame Nenner.« Die FDP habe vor der Wahl gestanden, dem Kompromiss zuzustimmen, oder keine Neuregelung zu erreichen. »Wir haben uns als FDP mehr gewünscht« als diesen Minimalkonsens.
Der Bayerische Flüchtlingsrat und die Karawane München kritisieren die Regelung für ihre Ausschlussklauseln. Nach wie vor unterlägen Flüchtlinge mit Vorstrafen von mehr als 90 Tagessätzen ohne zeitliche Begrenzung der »Lagerpflicht«. Außerdem müssen Flüchtlinge, die nicht ausreichend an der Klärung ihrer Identität mitgewirkt haben, in den Lagern bleiben. »Die Mehrheit der Flüchtlinge wird weiterhin ohne jegliche Perspektive in den Flüchtlingslagern untergebracht, nur eine verschwindende Minderheit darf nach langen Jahren ausziehen«, so Alexander Thal vom Bayerischen Flüchtlingsrat.
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