Athen im Kampf mit dem Spardiktat
Griechisches Parlament von Papandreou zur Zustimmung aufgefordert / Bundestag stimmt heute ab
Athen/Berlin (dpa/ND). Die Griechen blickten gestern gebannt auf ihr Parlament. Dort sollte die Entscheidung über das umstrittene Sparpaket fallen. Nachdem die Sitzung unter dem Eindruck der gewalttätigen Ausschreitungen vom Vortag mit drei Toten zunächst vom Abend auf den Mittag vorgezogen wurde, zögerte sich die Abstimmung dann immer weiter hinaus. Der für 13.30 Uhr geplante Beginn der Abstimmung wurde für den frühen Abend erwartet.
Der griechische Ministerpräsident Giorgos Papandreou hatte zuvor in einer emotional geladenen Rede an die Abgeordneten appelliert: »Entweder stimmen wir für das Gesetz oder das Land geht bankrott. Wir werden das nicht erlauben. Wir werden alles tun, damit das Land nicht Pleite geht.« Das Sparpaket ist Voraussetzung für die Hilfen des Internationalen Währungsfonds und der Euroländer in Höhe von 110 Milliarden Euro.
Für den Abend waren Mitglieder der zwei wichtigsten Gewerkschaften des staatlichen und privaten Sektors aufgerufen, am zentralen Syntagmaplatz gegen das Sparpaket zu protestieren. Die kommunistische Gewerkschaft PAME rief zur Kundgebung am Omonia-Platz auf.
Inzwischen gingen die Ermittlungen über den tödlichen Brandanschlag auf eine Bankfiliale weiter. Die Aufnahmen von Überwachungskameras zeigen, dass ein Vermummter zunächst die Scheiben der Bank mit einem Hammer einschlug. Anschließend warfen mindestens drei andere Vermummte Molotowcocktails in das Gebäude. Es werde sehr schwer sein, ihre Identität zu ermitteln, sagten Polizeiexperten. Am Vormittag kamen immer mehr Menschen vor der Bank zusammen und legten Blumen nieder und zündeten Kerzen an. Zwei Frauen im Alter von 32 und 35 Jahren und ein 36-jähriger Mann waren bei dem Brandanschlag ums Leben gekommen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel will die Europäische Union für einen geschlossenen Kampf gegen Finanzmarktspekulanten gewinnen. Einen Tag vor dem Sondergipfel der Euroländer zur Griechenlandkrise sagte Merkel in Berlin: »Wir müssen jetzt in Europa deutlich machen, dass wir die politische Kraft haben – jeder in seinem Land –, wieder auf den Kurs des Stabilitäts- und Wachstumspakts zusammenzukommen.« Auch EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso appellierte im WDR an die Euroländer, Griechenland geschlossen zu helfen.
Die Verhandlungen zwischen Regierung und Opposition über eine begleitende Griechenland-Resolution zu den deutschen Milliarden-Hilfen für Athen sind geplatzt. Das erfuhr dpa am Nachmittag aus SPD- und Unionskreisen. Union und FDP können das Gesetz für die Griechenland-Hilfen in Höhe von 22,4 Milliarden Euro bis 2012 zwar mit ihrer eigenen Mehrheit durchsetzen. Der Regierung war aber daran gelegen, als Signal an das In- und Ausland auch die SPD mit ins Boot zu holen. Die SPD-Spitze empfiehlt ihren Abgeordneten nun Stimmenthaltung. In der begleitenden Resolution sollte es unter anderem um Maßnahmen gegen Finanzspekulationen gehen.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.