Lehrreiche Übersicht der Nazi-Szene
Ausstellung in der Mediengalerie fordert Gegenwehr und inhaltliche Auseinandersetzung
Die Ausstellung »Neofaschismus in Deutschland und gewerkschaftliche Gegenwehr« wird zum 65. Jahrestag der Befreiung vom Hitlerfaschismus im Haus der Buchdrucker in der Dudenstraße gezeigt. Genau vor 15 Jahren war in der Mediengalerie die Ausstellung »Verbrannt – befreit – verhüllt. Der Reichstagsbrand und das neue Deutschland« zum 50. Jahrestag der Befreiung eröffnet worden. Die Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA) hat ihre 25 Jahre alte Ausstellung vollständig überarbeitet.
Unterstützt von ver.di, der Arbeitsgruppe Rechtsextremismus und IG Metall ist »eine sehr lehrreiche, informative und kompakt zusammengestellte Übersicht zum Neonazi-Treiben« entstanden, wie Arno Hager (IG Metall Berlin) ins Gästebuch schrieb. Der Vorsitzende der VVN-BdA Berlin, Hans Coppi, erinnerte an den Schwur der Überlebenden des KZ Buchenwald, immer für Frieden und Freiheit einzutreten und nie wieder Faschismus in Deutschland zuzulassen. »Das ist nun das Vermächtnis der VVN und das der nächsten Generation. Diese Herausforderung nehmen wir an.«
Ein Beitrag dazu ist diese Ausstellung. Sie informiert über Praxis und Ideologie des Neofaschismus, benennt Ursachen für die Ausbreitung rassistischen, nationalistischen und militaristischen Denkens und Handelns und zeigt Parallelen zur Ideologie des Hitlerfaschismus. Es geht unter anderem um den Missbrauch der sozialen Frage, um den Terror gegen Andersdenkende, aber auch um gegenwärtige Strukturen, Medien, internationale Vernetzung und Subkulturen. Anzutreffen sind Neonazis nicht nur bei ihren Märschen, sondern in vielen Bereichen der Gesellschaft. Sie sind Abgeordnete in deutschen Kommunal- und Landesparlamenten, im Europaparlament. Sie machen sich scheinbar linke Parolen zu eigen oder schmücken sich mit Sonnenblumen der Grünen. Jedoch wenn sie von Umweltschutz als Heimatschutz sprechen, ist vor allem die Ausgrenzung von Migranten gemeint.
Die sieben Tafeln von ver.di zeigen, wie sich die Gewerkschaften seit 1945 mit dem Thema auseinandersetzen. Die Tafel Antifaschismus ruft zum täglichen Widersprechen gegenüber rassistischen Äußerungen auf, zum Hin- und nicht Wegschauen.
Zur inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Neofaschismus in unserem Land möchten auch die Veranstaltungen, die jeweils donnerstags, 19 Uhr, stattfinden, beitragen. Der Journalist Wulf Beleites lädt zum Vortrag »Die braune Ideologie und ihre Publikationen unter der Lupe« (20.5.) ein. Eine weitere Podiumsdiskussion befasst sich mit Neonazis und sozialer Demagogie (27.5.).
Die Ausstellung der VVN und der Gewerkschaften will dazu beitragen, dass sie selbst überflüssig wird, dass die gezeigten Bilder nicht auf Dauer zum deutschen Alltag gehören müssen. Zahlreiche aufmerksame Besucher würden dabei helfen. Ebenso der Kurzfilm »Kreidefresser« von Josef Pröll, der während der Ausstellungseröffnung gezeigt wurde und vor allem für Bildungsträger von Interesse sein dürfte.
Bis 28.5. Mediengalerie, Mo. u. Fr. 14-16 Uhr, Di. 17-19 Uhr, Do. 14-19 Uhr, Dudenstraße 10, Kreuzberg, Tel: 88 66 54 02, www.mediengalerie.org
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