Sieben Linden – das andere Dorf

In der Altmark wird ganzheitlich ökologisches Leben geprobt

  • Rosi Blaschke
  • Lesedauer: 2 Min.
Sie wollen anders leben als jedermann – die Bewohner des Ökodorfes Sieben Linden in der Nähe des altmärkischen Weilers Poppau. Sie wollen ihre Träume von einer zukunftsorientierten, einer sozial-ökologischen Lebensweise umsetzen. Menschen aller Altersgruppen von 0 bis 87 Jahren, 80 Erwachsene und 35 Kinder, leben hier friedlich miteinander.

»Ihr« Dorf, das sich als Modell- und Forschungsprojekt versteht, stellte die Siedlungsplanerin und Agraringenieurin Sandra Campe unlängst im Gesprächskreis Ländlicher Raum der Rosa-Luxemburg-Stiftung vor. Seit 1993 besteht die Genossenschaft, der alle erwachsenen Bewohner angehören. Sie verfügt inzwischen über 77 Hektar Land – Wald, Acker, Grünland, Bauland und Gärten. Die Bewohner wollen zeigen, dass die menschliche Nutzung nicht zur Zerstörung der Natur führt, sondern sie im Gegenteil durch ökologischen Land- und Gartenbau, Schaffung von Biotopen, geschlossene Energie- und Materialkreisläufe bereichert. Eine weitere Photovoltaikanlage und ein Gewächshaus sollen gebaut werden. Ziel: Stromproduktion über den Eigenbedarf hinaus und längere Versorgung mit Gemüse.

Für das Wohnen ist die Wohnungsgenossenschaft Sieben Linden e. G. zuständig. Sie ist Eigentümerin der meisten Häuser des Projektes, die aus heimischen Materialien – Stroh, Lehm und Holz – gebaut sind. Der erste Spatenstich für ein neues Haus, die »Libelle«, ist jetzt getan, geplant ist auch ein Jugendhaus. »Es ist etwas Tolles entstanden in den Jahren, das Dorf wächst«, ist Sandra Campe begeistert. »Und wir sind keine Aussteiger, wie mancher uns einstufen möchte.« Etwa die Hälfte der Bewohner leben in fünf sogenannten Nachbarschaften zusammen, die ihren Wohnraum gemeinsam geplant haben und die auch ihre Lebensweise selbst gestalten.

Auch eine solche Form des Zusammenlebens kommt nicht ohne Geld aus. Die Mitglieder der Genossenschaft setzen sich mit Eigenkapital und eigener Arbeit für die weitere Dorfentwicklung ein. Manche arbeiten außerhalb in ihren Berufen als Arzt oder Sozialarbeiter. Zugleich übernimmt jeder fünf bis zehn Stunden ehrenamtliche Arbeit in der Woche. Zinsgünstige Kredite helfen. Auch ein umfangreiches Seminarprogramm, das die nachhaltige Lebensweise der Gemeinschaft vermitteln soll, bringt Geld. Dazu kommmen Gartenbaubetrieb, Schmuckwerkstatt, kleiner Verlag, Tischlerei, Pferde-Fuhr-Betrieb.

Die Ökodörfler werden von außerhalb noch kritisch beäugt. Doch mit der Zeit, sagt Sandra Campe, finden sich Integrationsfiguren wie ein lokaler Bauunternehmer, die sie in die Umgebung einbinden. Junge Menschen finden hier die Möglichkeit für das Freiwillige Ökologische Jahr.

Sieben Linden ist durchaus keine Insellösung. Der »Freundeskreis Ökodorf e. V.« hat Mitglieder im ganzen Bundesgebiet. Und die Ökodorfbewegung kann sich europaweit auf viele Dörfer stützen. Hier bringt Sieben Linden seine Erfahrungen ein. Sie werden Teil der Internationalen Dorfkonferenz 2011 sein, die die Rosa-Luxemburg-Stiftung organisiert.

Naturmaterial und moderne Solarzellen passen gut zusammen.

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