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Gehört der Wolf ins Jagdrecht?

Streit zwischen Umweltminister und Naturschützern in Sachsen

  • Benjamin Haerdle
  • Lesedauer: 3 Min.
In Sachsen hat Umweltminister Frank Kupfer (CDU) eine gleichermaßen spannende wie hitzige Diskussion losgetreten. Weil im Freistaat bis spätestens 2012 das Landesjagdgesetz novelliert werden muss, will Kupfer den Wolf unters Jagdrecht stellen. Sein Ansinnen: Die Jäger sollen sich stärker am Schutz des Wolfes beteiligen – moralisch wie finanziell.

»Der Wolf soll in Sachsen zum Abschuss freigegeben werden, und da ist die Aufnahme ins Sächsische Jagdgesetz der erste Schritt dazu«, kritisiert Wolfgang Riether, Landesgeschäftsführer BUND Sachsen. Für den NABU-Landesvorsitzenden Bernd Heinitz ist das Ansinnen von Minister Kupfer »eine unsinnige Fehlentscheidung«. Eine Aufnahme ins Jagdrecht mache nur dann Sinn, wenn man ihn tatsächlich bejagen wolle, doch dafür sei die Population zu klein. Zudem würde Kupfer rund 3000 sächsische Revierinhaber zur Wolfshege verpflichten. Diese seien dafür weder qualifiziert noch daran besonders interessiert, ist der NABU-Chef überzeugt. Bleibt nur die finanzielle Motivation: »Vielleicht hofft Kupfer, mit der in Aussicht gestellten Änderung des Jagdrechts sein Ministerium bei den Kosten für Schadensausgleiche bei Wolfsangriffen zu entlasten.«

Nicht so kritisch urteilt die Gesellschaft zum Schutz der Wölfe: Die Aufnahme ins Jagdrecht fordere ganz sicher ein wesentliches Umdenken in der Jägerschaft. Dies würde letztendlich die Akzeptanz des Wolfs in der Öffentlichkeit »sehr positiv beeinflussen«.

Einer der Wünsche des sächsischen Ministeriums wäre sicher leicht realisierbar: Die Jäger sollen sich laut Kupfer am Monitoring der bis zu 50 Wölfe beteiligen, die mittlerweile in Sachsen durch Wald und Flur streifen, etwa bei der Meldung über das Vorkommen oder bei der Begutachtung von durch Wölfe getöteten Tiere. Dafür sind als sogenannte Rissgutachter laut dem 2009 geltenden sächsischen Wolfsmanagementplan landesweit nur wenige Wolfsbeauftragte in den Kreisen zuständig. Zu wenige, meint Minister Kupfer. Er will deshalb fünf Jäger pro Landkreis weiterbilden lassen. Doch wahrscheinlich, so unken seine Widersacher wie der NABU-Landeschef Heinitz, gehe es dem Umweltminister mehr ums Finanzielle. Denn Kupfer will einen noch näher zu bestimmenden Teil der Abgabe, die die Waidmänner für das Ausüben der Jagd bezahlen, in Maßnahmen für den Wolf investieren.

Offiziell hat der Sächsische Landesjagdverband noch nicht zu den Plänen Stellung bezogen. Er dürfte sie aber gutheißen, denn die Jäger plädieren seit Längerem dafür, den Wolf dem Jagdrecht zu unterstellen. In einem offenen Brief betonte der Verband vor allem den »nicht zu unterschätzenden psychologischen Effekt«. »Das, was den Jägern anvertraut ist, werden sie auch schützen.« Allerdings haben die Jäger auch nie ein Hehl daraus gemacht, dass sie auf eine Lockerung des Abschussverbots hoffen. So forderte die Landesjägertagung 2009, den »Wolf unter den Schutz des Jagdrechts zu stellen und zum gegebenen Zeitpunkt zu bewirtschaften«.

Das ungute Gefühl vieler Naturschützer kann der Minister nicht ganz beseitigen. »Der Wolf ist und bleibt eine streng geschützte Tierart«, versicherte Kupfer und verwies auf Luchs sowie Fischotter, die auch unter das Jagdrecht fallen, aber ganzjährig geschützt sind und nicht gejagt werden dürfen. Er sei sich bewusst, dass die Aufnahme des Wolfs ins Jagdrecht auch zu kritischen Fragen führe. »Doch die Chance, die Jäger in die Pflicht zu nehmen, ist mir die Sache wert«, erklärte er.

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