Im Schneckentempo durch Pankow
Busersatzverkehr auf der U-Bahnlinie 2 betrifft tausende Fahrgäste
Der Bus vom Bahnhof Pankow zum Senefelderplatz in Prenzlauer Berg ist gerammelt voll, obwohl die Hauptverkehrszeit um 10.35 Uhr schon lange vorbei ist. Die Lage ist noch entspannt. Diejenigen, die einen Sitzplatz ergattern konnten, überbrücken die Zeit mit Zeitunglesen oder schreiben Kurznachrichten mit ihrem Mobiltelefon. Alle warten geduldig darauf, dass der Bus, der durch den dichten Verkehr über Berliner Straße und Schönhauser Allee schleicht, sie zu ihrem Fahrziel bringt.
Die meisten Fahrgäste zeigen Verständnis für den Ersatzverkehr mit Bussen, der wegen der Bauarbeiten auf der U-Bahnlinie 2 noch bis November andauert. »Ich wusste durch die Aushänge auf den Bahnhöfen schon seit einigen Tagen Bescheid. Gleise und Bahnhöfe im Bezirk Pankow sind ja schon etwas älter und müssen nun erneuert werden«, meint ein Mann mittleren Alters. »Ich fahre die Strecke täglich zur Arbeit. Es ist mit dem Bus unbequemer als mit der U-Bahn, aber ich habe keine Alternative.« Eine ältere Dame wirft ein, dass die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) aufgrund der wesentlich längeren Fahrzeiten mit dem Busersatzverkehr wenigstens zeitweise die Fahrpreise hätten senken sollen.
An der Haltestelle Vinetastraße drängen immer mehr Fahrgäste in den Bus. Inzwischen stehen die Leute dicht an dicht. Die Türen lassen sich nicht mehr schließen. »Bitte den Türbereich freigeben«, ruft der Busfahrer. Doch das ist in dem vollen Bus nicht gerade einfach. »Türen frei machen! Kapiert ihr das nicht?! Die Leute hier wollen alle nach Hause«, brüllt der Fahrer. Er ist von seinem Platz aufgestanden. Die Stimmung im Bus wird immer gereizter. Mitreisende, die im Türbereich stehen, werden von anderen Fahrgästen angepöbelt. Als sie sich mühevoll ins Innere des Busses gedrängelt haben, kann die Fahrt endlich weitergehen.
Auch am Bahnhof Schönhauser Allee wartet eine Menschenmenge. Der Fahrer öffnet nur kurz die Türen. Dann weist er die Wartenden grob zurück: »Wir sind schon völlig überfüllt, der nächste Bus kommt gleich.«
Erst um elf Uhr erreicht der Bus sein Ziel am Senefelderplatz. 25 Minuten Fahrzeit – mit der U-Bahn ist man auf derselben Strecke gerade einmal etwa acht Minuten unterwegs. Morgens im Berufsverkehr habe er für die Strecke vom Senefelderplatz nach Pankow sogar mindestens eine halbe Stunde gebraucht, berichtet ein anderer Busfahrer. »Ein Ersatzverkehr ist natürlich immer etwas Unangenehmes für die Fahrgäste. Besonders bei so einem Massenaufkommen wie bei der U 2.« Deswegen lässt die BVG den Busersatzverkehr zwischen 5.20 Uhr und 20.36 Uhr im Drei-Minuten-Takt fahren.
Gestern sei der Ersatzverkehr noch sehr zähflüssig gelaufen, bestätigt auch BVG-Pressesprecher Klaus Wazlak. Insgesamt seien 15 bis 17 Busse im Einsatz gewesen. Der Ersatzverkehr wurde noch durch Arbeiten der GASAG behindert, weil es im Bereich der Schönhauser Allee eine Havarie im Gasleitungsnetz gegeben hatte. Dadurch verzögert sich die geplante Einrichtung von Busspuren vor insgesamt fünf Kreuzungen entlang der Baustrecke um einige Tage. »Wahrscheinlich wird es deshalb auch am Mittwoch noch sehr voll in den Bussen und auf der Schönhauser Allee sein«, prognostiziert Wazlak.
Zur Entlastung des Busersatzverkehrs könnte die S-Bahn beitragen. Denn sie verbindet die Bahnhöfe Pankow und Bornholmer Straße direkt mit der Innenstadt. Nachdem beim S-Bahn-Chaos im Herbst vergangenen Jahres zahlreiche Fahrgäste auf die U-Bahn umsteigen mussten, könnte nun andersherum die S-Bahn eine Ersatzvariante für U 2-Fahrgäste darstellen. Bisher könne ein besonders hohes Fahrgastaufkommen bei der S-Bahn in Pankow jedoch nicht festgestellt werden, so ein Bahnsprecher.
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