In Neapel blüht das Geschäft mit dem Tod

Bestattungsunternehmen setzen Angehörige von Verstorbenen schon im Krankenhaus unter Druck – und die Ärzte helfen mit

  • Anna Maldini, Rom
  • Lesedauer: 3 Min.

Kriminelle Vereinigung, Korruption und Urkundenfälschung – dies sind die Verbrechen, denen man in Neapel derzeit vermehrt nachgeht. Die Staatsanwaltschaft ermittelt gegen eine Gruppe von mindestens sechs Bestattungsunternehmen, die nicht nur die Stadt, sondern vor allem die Geschäfte mit dem Tod unter sich aufgeteilt haben sollen.

Die Stadt am Tyrrhenischen Meer wurde offenbar in verschiedene »Tortenstücke« dividiert, jedes nicht ganz zufällig mit einem großen Krankenhaus mittendrin. Dort haben die Beerdigungsinstitute ihre »Mittelsmänner«: Meist Krankenpfleger und Schwestern, aber wohl auch einige Ärzte. Sobald sich ein Todesfall ereignet, rufen diese bei dem Bestattungsunternehmen an, das für das jeweilige Krankenhaus »zuständig« ist. Und das schickt dann sofort seine Leute vorbei. Oft sind diese sogar in reinem Krankenhausweiß gekleidet, um bei den trauernden Hinterbliebenen gleich einen vertrauenswürdigen Eindruck zu hinterlassen und einen Vertragsabschluss gleich vor Ort zu erleichtern.

Den Angehörigen, die häufig unter Schock stehen, stellen sie angebliche »Sonderangebote« mit besonders günstigen Konditionen in Aussicht, wenn sie dieses und nur dieses Beerdigungsinstitut sofort beauftragen. Viele Hinterbliebene sind in solch einer Situation offenbar froh darüber, wenn sie nicht noch andere Angebote einholen müssen und sofort jemand zur Stelle ist, der sich um die unangenehmen Formalitäten kümmert.

Die Staatsanwaltschaft der süditalienischen Metropole will diesen Verbrecherring jetzt zerschlagen. Dazu gehören die Unternehmen, aber auch die Informanten in den Krankenhäusern, die für ihre Dienste nicht schlecht bezahlt werden. Einige Ärzte sollen sogar – natürlich auch gegen Geld – Totenscheine gefälscht und einen späteren Todeszeitpunkt eingesetzt haben, um den Unternehmern genügend Zeit zu geben, sich bei den Trauernden einzufinden. Dass von diesem ganzen Bestattungssumpf auch die Friedhöfe nicht ausgeschlossen sind, ist leicht zu erahnen. Tatsächlich soll es auch hier illegale Absprachen zwischen den Firmen und einigen korrupten Friedhofsangestellten gegeben haben, was tatsächlich schon extrem makaber ist.

Die Staatsanwaltschaft ist zum Beispiel der Meinung, dass illegal einige Gräber »frei geräumt« wurden, um anderen Verstorbenen Platz zu machen oder dass man einfach mehrere Leichen in ein Grab gelegt hat, ohne dass die jeweiligen Angehörigen davon wussten.

Und schließlich hat die Polizei vor wenigen Tagen in einem alten und kaum genutzten Friedhofslager mehrere Büsten aus Bronze und Marmor, antike Kruzifixe und Kandelaber gefunden. Die hatte ein Dieb, der einen Komplizen unter dem Friedhofspersonal hatte, dort nach einem Einbruch zwischengelagert.

Ob und wie weit die Camorra in diesem Geschäft mit dem Tod und der Verzweiflung der Angehörigen mitmischt, ist noch nicht klar. Polizei und Staatsanwaltschaft gehen allerdings davon aus, dass die neapolitanische Mafia zumindest davon wusste und bei den Bestattungsunternehmen deshalb ihrerseits auch abkassiert hat.

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