Energie aus Stadtwerken
Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) will den Einfluss des Landes verstärken
»Kooperation« lautet der Schlüsselbegriff, mit dem Wirtschaftssenator Harald Wolf (LINKE) die Energiepolitik in Berlin verändern möchte.
Die Dezentralisierung im Zuge der Privatisierung seit den 1990er Jahren hätte zu weniger Kundenfreundlichkeit geführt, kritisierte Wolf gestern beim Berliner Energiesymposium in der Friedrichshainer Auferstehungskirche. Zudem stünden bei den privaten Oligopolen Umweltziele wie Energieeffizienz hinter den Absatzzielen zurück. »Wir können aber wegen des neuen Marktumfelds nicht zurück in die ›Idylle‹ der 1970er und 1980er Jahre«, sagte der Wirtschaftssenator. Ihm schwebt in seiner Konzeption »Energie 2020 – Die Berliner Linie« in den kommenden zehn Jahren keine einfache Rekommunalisierung und die Verdrängung privater Akteure vor. Vielmehr strebt Wolf verstärkte Kooperationen auch zwischen öffentlichen und privaten Konzernen an.
In die Erzeugung von mehr umweltfreundlichem Strom könnten dabei auch kommunale Unternehmen wie die Berliner Stadtreinigung (BSR) einbezogen werden. Diese entwickelt sich derzeit zu einen modernen Umweltdienstleister. Denn ein Teil des Abfalls wird energetisch verwertet. Jährlich werden beispielsweise von der BSR 90 000 Tonnen Sperrmüll zu klimafreundlichen Ersatzbrennstoffen aufbereitet. Diese können in konventionellen Kraftwerken zur Stromerzeugung eingesetzt werden und sparen etwa 45 000 Tonnen Kohle ein. Solche alternativen Energiequellen müssten zunehmend genutzt werden, so BSR-Chefin Vera Gäde-Butzlaff.
Auch Netzwerke kommunaler Anbieter bezeichnete Wolf als zukunftsfähig. Durch sie könnten Arbeitsplätze regional verankert werden. Zudem sollten die privaten Oligopole vom Land stärker in die Pflicht genommen werden, ihrer gesellschaftlichen Verantwortung als Versorgungsdienstleister nachzukommen. Dabei gehe es vor allem um die Interessen der Kunden, nach einer gesicherten, kostengünstigen sowie umweltfreundlichen Energieversorgung.
Wolf will dabei – gegen den Trend in der Bundespolitik – auf Energieeffizienz und erneuerbare Energien setzen. »Derzeit läuft eine große Propagandawelle gegen die Erneuerbaren«, bilanzierte Volko Löwenstein, Chef der Solartechnologie-Firma Inventux Technologies AG. Die Energiekonzerne setzen bei der Stromerzeugung vor allem auf Kohle sowie Atom. Und gleichzeitig würde durch die Bundespolitik die Förderungen für Erneuerbare 'runtergefahren. Ein Grund hierfür sei, dass zahlreiche Lobbyisten der großen Energiekonzerne, die ihre Kraftwerke auslasten wollten, massiven Einfluss auf Bundestagsabgeordnete nehmen, monierte Löwenstein.
Umweltfreundlicher Strom könnte in nächster Zeit in der Bundeshauptstadt von kommunalen Stadtwerken angeboten werden. Deren Gründung will die Berliner Linkspartei bis Ende dieses Jahres konzeptionell vorbereiten, wie sie bei ihrem Landesparteitag im April beschlossen hatte. Ein solches Stadtwerk müsse sich an Energieeffizienz, Klimaschutzzielen und Beschäftigung orientieren, erklärte Harald Wolf. Ob es sich dann in eine von dem Wirtschaftssenator favorisierte Kooperation einfügen kann, wird sich zeigen.
Thesenpapier »Energie 2020 – die Berliner Linie« von Harald Wolf
- Ziele: Mehr Ökologische Verantwortung, mehr energetische Effizienz, mehr wettbewerbliche Orientierung, mehr Wertschöpfung in der Region, mehr Standort-Management, mehr Orientierung an Interessen der Kunden
- Energiewirtschaft darf nicht allein den Kräften des Marktes überlassen werden.
- Die Berliner Linie ist auf eine kooperative Weiterentwicklung der Energiewirtschaft ausgerichtet.
- Entwicklung des Energie-Unternehmens BERLIN ENERGIE auf dem Feld der Weiterentwicklung der Energiewirtschaft
- Die Politik soll Anreize, Ausschöpfung gesellschaftsrechtlicher Positionen, politische Rahmensetzung gewährleisten und wenn nötig auch Druck ausüben können.
- Die Politik soll die Energiewirtschaft aktiv weiterentwickeln. Sie kann sich nicht nur auf Ordnungspolitik und reine Rahmensetzung konzentrieren.
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