Kein Privileg auf Irrsinn
Andreas Kriegenburg inszenierte Verdis »Otello« an der Deutschen Oper Berlin
Dass Kriegenburgs Inszenierung von einem Teil der Charlottenburger Opernklientel ausgebuht werden würde, war vorher ausgemachte Sache. Dass eitle Selbstdarsteller nach Desdemonas Gebet ihre Begeisterung in die herzzerreißende Stille hineinkrakeelen würden, war zu befürchten. Man meide Premieren!
Wenn sich der Vorhang öffnet, steht eine bunt zusammengewürfelte Menschenmenge aus aller Herren Länder dem feinen Publikum frontal gegenüber. Stumm treten sie zurück, erklimmen Leitern, vereinzeln sich. Ein Flüchtlingslager auf Zypern, ein klaustrophobietreibender Raum. In sieben Stockwerken übereinander, bühnenhoch, kleine Schlafkojen. Vier Kubikmeter Raum für Familienleben, Fernsehen, Liebesdramen, Langeweile. Plötzlich ein peitschender Orchestereinsatz und alle singen, schreien sich die Todesangst der überstandenen Überfahrt aus dem Leib: Verdis Sturmchor.
Neben dem evident sinnreichen inhaltlichen Zugriff ergibt sich in Harald Thors Bühnenbil...
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