Angriffe auch aus dem Hinterhalt
Innensenator beklagt »aggressive Grundhaltung« gegen Ordnungsmacht
(dpa). Innensenator Ehrhart Körting (SPD) will einen extra Strafparagrafen für Gewalt gegen Polizisten. »Unser eigentliches Problem ist die Zunahme von Angriffen gegen Polizisten bei Demonstrationen mit Flaschen und Steinen, bei Einsätzen gegen häusliche Gewalt oder bei einfachen Streifengängen«, sagte Körting am Montag im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses.
Der Entwurf des Bundesjustizministeriums zur Änderung des Paragrafen 113 im Strafgesetzbuch erfasse aber nur Strafen für Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte bei Festnahmen oder gegen Anweisungen von Beamten – jedoch nicht Angriffe und Steinwürfe auf Polizisten.
»Wir haben eine aggressive Grundhaltung gegen die, die die Ordnungsmacht repräsentieren – das gibt mir zu denken«, sagte der Senator. »Gewalt gegen Polizisten hängt nicht davon ab, welche Partei an der Regierung ist.« Mehr Polizisten werde es nicht geben – Berlin müsse mit den vorhandenen Kräften auskommen.
Dem widersprach der neue Chef der Berliner Gewerkschaft der Polizei, Michael Purper. »Wir brauchen mehr Einstellungen.«
In der Vorwoche hatte sich die Innenministerkonferenz (IMK) dafür ausgesprochen, den Strafrahmen bei Widerstand gegen Polizeibeamte bundesweit von zwei auf drei Jahre zu erhöhen. Mit dem Entwurf aus dem Hause von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sei er unzufrieden, sagte Körting. Nicht nur ein gesonderter Straftatbestand bei Gewalt gegen Polizisten stehe zur Debatte – sondern auch Gewalt gegen Feuerwehrleute und Rettungskräfte. »Das muss nochmal diskutiert werden.«
Laut Innensenator wurden im Vorjahr in der Hauptstadt 3175 Polizisten verletzt – davon 397 bei Demonstrationen. Auch in diesem Jahr kam es am 1. Mai in Kreuzberg zu Gewaltausbrüchen, bei denen Polizisten verletzt wurden. 492 Widerstandsdelikte gegen Polizisten wurden 2009 registriert. Allerdings finden sich in der Statistik auch 782 Fälle, bei denen sich Polizisten beim Sport verletzten.
Laut Polizeipräsident Dieter Glietsch sanken seit dem Jahr 2000 zwar die Gewaltvorfälle im Gegensatz zum Bundestrend um 9,5 Prozent, »das ändert aber nichts daran, dass wir eine bedrohliche Entwicklung haben«. Brutalität und grundlose Angriffe gegen Polizisten aus dem Hinterhalt hätten zugenommen. Zentrales Anliegen sei die Prävention. Trainings für Polizisten, wie Gewaltangriffe abgewehrt werden können, seien inzwischen Pflicht. Die Polizei organisiere jährlich etwa 2000 Anti-Gewalt-Veranstaltungen, davon fänden viele in Schulen statt.
Anlass der Diskussion war die jüngste Studie des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen, laut der Gewalt gegen Polizisten ein wachsendes Problem sei.
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