- Kultur
- 8. ND-Lesergeschichten-Wettbewerb
Anonymer Anruf
Margit Grewling aus Coswig
Es klingelt, zum zwölften Mal in dieser Stunde, und ich bin schon ziemlich ausgelaugt von den vielen Gesprächen. Immer muss ich mich voll und ganz konzentrieren, was der Anrufer am anderen Ende der Leitung von mir möchte. Soll ich zuhören, soll ich in gewisser Weise beraten, oder bin ich gar Blitzableiter, manchmal auch der, der sich zum Gespött des Gegenübers macht. Ist egal! Ich greife zum Hörer, ein Rauschen, wie erschwerter Atem dringt an mein Ohr, warte.
»Hallo, ist jemand in der Leitung?« Keine Antwort, aber dieses Schwere in der Luft bleibt. Ich habe gelernt, geduldig zu sein, Druck von mir fern zu halten, nicht zerstörend zu wirken. Es vergehen Minute um Minute – nichts von meinem Gegenüber dringt zu mir. Und doch spüre ich Angst, warme Luft, die noch um sich ringt, in Worte gekleidet zu werden. Die Uhr an der Wand beginnt zu stören. Man hätte doch eine Funkuhr in diesen Raum hängen können, eine, die nicht an die Zeit eri...
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