Es bleibt ein »großes Fragezeichen«

Flugschreiberdaten der verunglückten polnischen Präsidentenmaschine veröffentlicht

  • Lesedauer: 2 Min.
Auch nach der Veröffentlichung der Flugschreiberdaten der verunglückten polnischen Präsidentenmaschine rätseln die Polen weiter über Ursachen der Katastrophe mit 96 Toten.

Warschau (dpa/ND). Mehr als sieben Wochen nach dem Absturz sei der Fall weiterhin »völlig ungeklärt«, sagte der Zwillingsbruder des verstorbenen Präsidenten Lech Kaczynski, Jaroslaw, dem Rundfunksender RMF FM am Mittwoch. Die Abschrift habe keine neuen Erkenntnisse gebracht, geblieben sei ein »großes Fragezeichen«, erklärte Jaroslaw Kaczynski.

Polens Regierung stellte die Abschrift aus den letzten 40 Minuten vor dem Absturz des Flugzeugs am Dienstag ins Internet, einen Tag, nachdem sie das Dokument von der russischen Seite erhalten hatte. Die Schuldfrage spielt eine wichtige Rolle im polnischen Präsidentenwahlkampf, bei dem Jaroslaw Kaczynski als Kandidat der Nationalkonservativen auftritt.

Aus der Abschrift geht hervor, dass die Piloten über extrem schwierige Witterungsbedingungen auf dem Flughafen in Smolensk in Westrussland Bescheid wussten. Ungeachtet der Warnungen seitens russischer Fluglotsen unternahm die Besatzung einen Landeversuch. In der Endphase reagierten die Piloten nicht auf die automatischen Warnungen »Pull up, Pull up« (Hochziehen) und »Terrain ahead« (Boden in Sicht). Sekunden später streifte die Maschine in dichtem Nebel einen Baum und zerschellte am Boden.

Die Gespräche im Cockpit zeigten, dass sich dort außer Piloten auch andere Personen, unter anderen Luftwaffenkommandeur Andrzej Blasik und Außenamts-Protokollchef Mariusz Kazana, aufhielten. In den Protokollen gibt es keine Hinweise, dass sie die Piloten zur Landung gedrängt haben. Die Flugexperten schlossen allerdings psychologischen Druck nicht aus.

Bei dem Flugzeugabsturz am 10. April im westrussischen Smolensk waren Präsident Lech Kaczynski, seine Frau Maria sowie 94 hochrangige Politiker, Militärs und Geistliche ums Leben gekommen. Die Delegation war auf dem Weg nach Katyn, wo sie die 1940 vom sowjetischen Geheimdienst ermordeten polnischen Offiziere würdigen wollte.

Die nationalkonservativen Medien spekulieren seit Wochen über die mögliche Beteiligung russischer Geheimdienste am Absturz. Verwiesen wurde zudem auf angebliche Fehler der russischen Fluglotsen sowie ungenügende Ausstattung des Flughafens. Nach Ansicht der nationalkonservativen Opposition sollte Polen selbst die Ermittlungen übernehmen, statt sich auf die russische Ermittler zu verlassen.

Die Abschrift habe die Absurdität aller Verschwörungstheorien gezeigt, schrieb die Zeitung »Gazeta Wyborcza« am Mittwoch. »Fantastische Versionen« über ein Attentat würden nicht verschwinden, sie hätten aber keine Grundlage mehr, kommentierte das Blatt.

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