Viel Welt erlebt, das Staunen wurde Wort

»Im Fluss der Zeit. Auf drei Kontinenten« heißt die Autobiographie vom Walter Kaufmann, die in der ersten Juliwoche im Dittrich Verlag Berlin erscheint (317 Seiten, geb., mit Abb., 19,80 Euro). Mit neugierig-kritischem Blick durchmisst der Schriftsteller die Spanne von über acht Jahrzehnten. Kaufmann, 1924 in Berlin geboren, emigrierte 1939 über England nach Australien, wo er bis 1956 lebte. Er siedelte dann in die DDR über. Seine Romane und Reisereportagen (u.a. »Hoffnung unter Glas«, »Unterwegs zu Angela« (Davis), »Drei Reisen ins gelobte Land«, »Tod in Fremantle«, »Über eine Liebe in Deutschland«) erzielten hohe Auflagen. Als er 1993 den Literaturpreis der Ruhr-Region erhält, heißt es in der Laudatio, er verbinde sich »durch Texte der Reiseerfahrungen mit den Zeitgenossen Wolfgang Koeppen, Alfred Andersch und Heinrich Böll«.

»Melancholie oder Nostalgie sind eigentlich nicht meine Sache, aber der Gedanke, meiner Zeit den Lebensnerv geraubt und meinen Lebensschwung, meine Fähigkeiten zu staunen und mich begeistern zu lassen, durch eine gewisse Routine ersetzt zu haben, erschreckte und lähmte mich ...«, Hélène Grimaud.

Zuweilen erging es mir ähnlich. Darum durchbreche ich an einem strahlenden Februarmorgen im Jahr 2009 meine Schreibroutine, verlasse frühmorgens das Haus und stapfe eine lange Stunde durch den tief verschneiten Wald. Die Zweige glitzern in der Sonne, die Luft ist kühl und rein, Wasservögel tummeln sich im Kanal, Schwäne gleiten dahin, und zwischen den blauen Schatten der Baumstämme fließt goldenes Sonnenlicht über den Schnee.

Warum also meinen Freunden, den Schäfers, ihre zwei Monate in Tunesien neiden, statt froh den Winter zu genießen und mir dabei den Lebensschwung erhalten, die Fähigkeit zu staunen. Als Kind lag ich des Öfteren an den Ufern...