Der Ewiggestrige

  • Uwe Kalbe
  • Lesedauer: 2 Min.

Joachim Gauck taucht auf und polarisiert. Kaum ist er als Präsidentschaftskandidat genannt, lenkt das alle Blicke auf die LINKE. Was wird die dazu sagen? Als ein weiterer willkommener Demokratietest für die SED-Erben erscheint seine Nominierung – den Konservativen wie den Sozialdemokraten oder den Grünen. Hier liegt wohl das einende Potenzial des Potentaten, das eilig gelobt wird, denn sonst ist keines zu sehen.

Joachim Gauck ist das, was man einen Ewiggestrigen nennt, und es hilft nichts, dass er in seiner neuen Rolle rasch die ersten präsidialen Worte gefunden hat. Man müsse diese »bittere, wirklich schwerwiegende Distanz zwischen den Regierenden und Regierten stärker in den Blick nehmen«. Da tränen selbst dem distanzierten Beobachter die Augen. Denn Gauck selbst ist nur ein anderes Wort für Distanz, kein öffentlicher Gedanke in den letzten 20 Jahren, in dem er nicht seine Abscheu gegenüber denen deutlich gemacht hat, die er eigentlich für ungeeignet hält, in die Demokratie eingelassen zu werden. Wer dies für ein verbindendes Prinzip hält, wird sich auch in Jahrzehnten wundern, wieso die Einheit in Deutschland immer noch auf sich warten lässt. Dass Gauck sich nach all den Gesten pathetischer Abscheu gegen Undemokraten vorstellen kann, den Diktatoren dieser Welt zum Empfang die Hand zu schütteln, mag von gewachsener Reife zeugen. Doch eher ist es seiner Empfänglichkeit gegenüber der eigenen Bedeutung geschuldet. Ein echter Demokrat eben.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.