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Kein rot-rotes Projekt gestoppt
Brandenburgs Finanzminister Markov zu Haushaltssperre und den Sparplänen des Bundes
ND: Wie wirkt sich das Sparprogramm der Bundesregierung auf den Haushalt Brandenburgs aus?
Markov: Fest steht, dass es sich auswirkt. Aber Zahlen kann ich noch nicht nennen. Dafür ist es einige Tage zu früh.
Wird das Land wegen des Sparprogramms weniger Geld haben?
Das wissen wir, wenn das Haushaltbegleitgesetz vorliegt. Es könnte sogar sein, dass wir Geld sparen. Wenn die Bundesregierung Bundesprogramme streicht, dann müssen wir nicht mehr die Kofinanzierung aufbringen und könnten also als Land einen finanziellen, aber mit hoher Wahrscheinlichkeit keinen politischen Vorteil davon haben. Trotzdem ist das Sparprogramm falsch, auch haushaltspolitisch. Die Bundesregierung bemüht sich gar nicht um einen fairen sozialen Ausgleich. Sie setzt vorrangig auf das Kürzen sozialer Leistungen und bemüht sich nicht in dem Maße, in dem es möglich wäre, mehr Einnahmen zu bekommen. Das wundert mich allerdings nicht. So ist CDU-FDP-Politik.
Sie haben am Donnerstag eine teilweise Haushaltssperre erlassen wegen 165 Millionen Euro, die dem Land Brandenburg andernfalls am Jahresende fehlen könnten. 165 Millionen Euro sind – gemessen an einem Etat von 10,5 Milliarden – nicht viel. War die Sperre wirklich notwendig?
Oh ja. 165 Millionen Euro sind eine enorme Summe, wenn man bedenkt, dass wir überhaupt nur einen Spielraum von 800 Millionen Euro bei den freiwilligen Leistungen haben. 165 von 800 Millionen, das ist schmerzlich, das tut richtig weh. Aber wir haben maßvoll Beschränkungen vorgenommen. Alle Gesetze und daraus sich ableitende Leistungen wurden und werden durchgeführt und sind ausfinanziert. Nicht betroffen sind sämtliche Projekte der rot-roten Koalition. Wir halten unsere Versprechen. Wir setzen Prioritäten, streichen weder bei der Arbeitsmarktförderung noch bei der Bildung und den Zukunftsinvestitionen. Es gibt keine betriebsbedingten Kündigungen und die dringend benötigten Lehrer können eingestellt werden.
Bedenken muss man auch, dass wir gegenwärtig nicht wissen, ob uns die 165 Millionen Euro am Jahresende tatsächlich fehlen. Die Prognose sagt lediglich: Es könnte geschehen. Da muss ich handeln, nicht anders, als wenn in einer Familie den Eltern Kurzarbeit droht und damit weniger Lohn. Die Familie ist dann gut beraten, wenn sie rechtzeitig ihre Ausgaben einschränkt, vielleicht auf den Urlaub verzichtet oder die Anschaffung des neuen Fernsehers verschiebt. Nichts anderes tue ich jetzt. Der Landtag hat beschlossen, dass die Neuverschuldung im laufenden Jahr nicht mehr als 650 Millionen Euro betragen darf. Meine Aufgabe ist es, dafür Sorge zu tragen. Rücklagen sind nicht vorhanden.
Der Landtag könnte auch einen Nachtragshaushalt beschließen.
Das wäre nicht klug. Unsere Zinslast würde weiter steigen. Schon jetzt zahlt Brandenburg für seine Verbindlichkeiten pro Jahr 730 Millionen Euro Zinsen. Dabei sinken unsere Einahmen weiter. Allein 100 Millionen Euro weniger Zuweisungen des Bundes erhalten wir im kommenden Jahr. Wir sind gerade dabei, den Etat 2011 aufzustellen. Das ist wahrlich keine einfache Aufgabe.
Die Deckungslücke für das kommende Jahr soll gegenwärtig 330 Millionen Euro betragen. Stimmt das?
Diese Summe reicht nicht aus. 330 Millionen Euro betrug die Deckungslücke vor der Mai-Steuerschätzung, die uns weniger Einnahmen prognostizierte. Nun müssen wir bei einer geplanten Neuverschuldung von 500 Millionen Euro mit eine Deckungslücke von rund 400 Millionen Euro rechnen. 2012 werden die Einnahmen noch niedriger liegen. Es macht also keinen Sinn, Schulden mit ins nächste Jahr zu nehmen.
Und wie die Lücke schließen?
Anders als der Bund haben wir als Land erheblich weniger Möglichkeiten, unsere Einnahmen durch Steuern zu erhöhen. Wir planen zum Beispiel die Anhebung der Grunderwerbssteuer. Bei den durchschnittlichen Grundstücksgrößen und Grundstückspreisen in Brandenburg müsste jemand, der ein Grundstück kaufen und ein Eigenheim errichten möchte, statt bisher 750 Euro künftig 1000 Euro Grunderwerbssteuer zahlen. Bei den Kosten eines Hausbaus fällt diese Summe nicht zu stark ins Gewicht. Dem Land bringt diese Steuererhöhung rund 30 Millionen Euro. Das reicht natürlich bei weitem nicht aus. Darum müssen wir auch an die Ausgaben heran.
Haben Sie deshalb das Weihnachtsgeld für Beamte gestrichen?
Ja und nein. Vorgesehen war eine soziale Staffelung. Die niedrigen Besoldungsgruppen hätten mehr Weihnachtsgeld erhalten, die mittleren weniger und die hohen überhaupt nichts, aber für jedes Kind einen Fixbetrag. Eingeplant waren insgesamt zehn Millionen Euro. Wegen der Höhe dieser Summe gab es sehr unterschiedliche Auffassungen.
Hätte es denn Weihnachtsgeld gegeben, wenn die Gewerkschaften Entgegenkommen gezeigt hätten?
Das ist reine Spekulation. Fakt ist: Jetzt gibt es kein Weihnachtsgeld mehr. Wenn zu wenig Geld da ist, muss nun einmal abgewogen werden, zum Beispiel zwischen Weihnachtsgeld und Kultur, Sport, Bildung oder Investitionen.
Interview: Andreas Fritsche
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