Neue Schulen für den Babyboom
Trend der Schließungen gestoppt: Marzahn-Hellersdorf investiert in energetische Sanierung
Dass Pankow einen Babyboom hat, weiß man in Berlin. Weniger bekannt ist, welcher Bezirk die zweithöchste Geburtenrate hat: Marzahn-Hellersdorf. Und so ist es absehbar, dass auch dieser Bezirk wieder mehr Kindergärten und Schulen benötigen wird. Der Trend zu Schulschließungen jedenfalls ist gestoppt, der Jahrgang mit der niedrigsten Geburtenrate lernt derzeit in der 6. Klasse. »Wir hatten zur Wende 110 Schulen. Im kommenden Schuljahr sind es noch 47«, sagt Schulstadtrat Stefan Komoß (SPD). Die Räume sind noch ausreichend. Der Bezirk hat noch Kapazitäten und dem unterversorgten Pankow drei Gymnasialklassen angeboten. Bereits jetzt wird in den vorhandene Schulgebäuden viel Geld verbaut. Dabei geht es nur geringfügig um eine Erweiterung von Kapazitäten, hauptsächlich um die Erhaltung der in die Jahre gekommenen Bausubstanz und Modernisierung.
Zum Beispiel an der Mozart-Gemeinschaftsschule in der Hellen Mitte: Noch ist hier vieles Baustelle. Aber auf verschiedenen Schulhöfen sind bereits Spielplätze und ein Open-Air-Lernraum nach Schülervorschlägen entstanden. Die Turnhalle wurde saniert und um einen modernen Fitnessraum erweitert. Dachsanierung und energetischer Wärmevollschutz stehen ebenso auf dem Plan wie der Umbau der benachbarten Hellersdorfer Volkshochschule zu einem weiteren Schulgebäude. Möglich wurde das durch das Konjunkturprogramm II und das Gemeinschaftsschulprogramm.
Marzahn-Hellersdorfs Bezirksbürgermeisterin Dagmar Pohle (LINKE) und mehrere Bezirksamtsmitglieder hatten am Donnerstag zu einer Pressefahrt geladen, um zu zeigen, was mit diesem Geld im Bezirk Neues entsteht. Im Falle der Mozartschule wurde eine bisherige Grundschule zu einer Gemeinschaftsschule erweitert, in der Schüler bis zur zehnten und nicht nur bis zur sechsten Klasse lernen. Drei Millionen Euro aus verschiedenen Töpfen werden hier verbaut.
Die Helle Mitte hatte im letzten Berliner Sozialstrukturatlas auf dem letzten Platz aller gemessenen Kieze gelegen. Schulleiterin Sibylle Stottmeyer merkt das. 60 Prozent ihrer Schüler leben von Hartz IV. Das kostenlose Frühstück, das der Verein Arche anbietet, werde gut angenommen, erzählt sie. Und das Modell Gemeinschaftsschule? »Wir verlieren jedes Jahr die Gymnasiasten«, bedauert die Schulleiterin. Schüler mit einer Real- und Hauptschulempfehlung hingegen würden nach dem Ende der Grundschulzeit in der Regel das Angebot Gemeinschaftsschule nutzen.
Einen ganz anderen Weg zur Gemeinschaftsschule gehen gerade die Thüringen-Gesamtschule und die Bettelheim-Grundschule in Marzahn-Nord. Hier sind zwei benachbarte Schulen dabei, zur Gemeinschaftsschule zusammenzuwachsen. »Ohne das Geld aus dem Gemeinschaftsschulprogramm hätten wir die Grundschule abreißen müssen. Das Gebäude war hochgradig sanierungsbedürftig«, sagt Schulstadtrat Stefan Komoß (SPD). Jetzt riecht alles noch ein wenig nach Farbe. Aber der Unterricht hat in den energetisch hochmodernen Räumen schon begonnen.
Die Thüringen-Gesamtschule, die ab dem Sommer saniert wird, hat sich durch eine sehr gute Integration von russlanddeutschen Spätaussiedlern einen Namen gemacht. Die Schüler aus den GUS-Staaten, die andernorts auf die Hauptschulen verbannt wurden, weil sie schlecht Deutsch und kein Englisch gelernt hatten, haben hier die Chance, sich in speziellen Kursen auf die Abiturstufe vorzubereiten. »Inzwischen haben wir kaum noch Neuankömmlinge mehr aus den GUS-Staaten, ausgenommen ein paar tschetschenische Bürgerkriegsflüchtlinge«, sagt Schulleiter Rainer Bösel. Doch etwa jeder dritte der 430 Schüler habe einen Migrationshintergrund. »Sie stammen aus 20 verschiedenen Ländern, hauptsächlich aus Asien«, sagt der Schulleiter. Und sie gehören zu den leistungsstärksten Schülern der Schule.
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