Die vermeidbare Ölkatastrophe
Konkurrenten gehen auf Distanz zu BP Obama fordert Treuhandfonds
Washington (Agenturen/ND). Der britische Energiekonzern BP will bis Ende Juni täglich mehr als 50 000 Barrel (acht Millionen Liter) Öl aus dem sprudelnden Bohrloch im Golf von Mexiko abpumpen. Das sieht ein Plan vor, den BP am Montag dem Weißen Haus präsentierte, wie ein Vertreter der US-Regierung sagte. Demnach will BP ein Schiff aus Südamerika, zwei weitere Tanker aus Europa und ein flexibles Ansaugrohr zur gesunkenen Bohrinsel bringen, um mehr Öl abpumpen zu können.
Angesichts neuer, alarmierender Schätzungen zum Ausmaß der Ölpest hatte die US-Küstenwache den britischen Konzern zu verstärkten Anstrengungen aufgefordert. Nach neuen Experten-Schätzungen fließen täglich mindestens 40 000 Barrel Öl aus dem Bohrloch in mehr als 1500 Metern Tiefe ins Meer. Ein Entlastungsbohrloch, die einzige dauerhafte Lösung, wird erst im August fertig sein.
Am 20. April war die BP-Bohrinsel »Deepwater Horizon« im Golf von Mexiko explodiert und zwei Tage später gesunken. Seitdem strömt Öl ins Meer, zahlreiche Küsten der angrenzenden Bundesstaaten sind bereits verschmutzt. Den Energieriesen hat die Ölpest bisher 1,6 Milliarden Dollar gekostet. Der Konzern habe 25 500 von 51 000 eingegangenen Schadenersatzforderungen beglichen, teilte ein Sprecher mit. Das summiere sich auf 62 Millionen Dollar. Bislang ist keine Entscheidung darüber gefallen, ob der Konzern, wie von der Politik gefordert, die Dividende für die Aktionäre aussetzt.
Konkurrenten von BP bezeichnen die Ölkatastrophe im Golf von Mexiko als »vermeidbar«. Chevron-Chef John Watson sagte vor einer Anhörung der großen Ölkonzerne im US-Kongress dem »Wall Street Journal«, »dieser Vorfall hätte vermieden werden können«. Chevron, der zweitgrößte US-Ölkonzern, bohrt wie BP im Golf von Mexiko nach Öl und möchte dies auch weiterhin tun. »Wir wären nicht dort, wo wir heute sind, wenn die besten Verfahren angewandt worden wäre«, sagte der für die Ölförderung von Chevron in Nordamerika zuständige Manager, Gary Luquette. Auch ExxonMobile, Shell und ConocoPhillips gingen auf Distanz zu BP, wie die »Financial Times« berichtete.
US-Präsident Barack Obama reiste am Montag zum vierten Mal an den Golf von Mexiko. Zwei Tage lang will er sich ein Bild von der Lage in den Bundesstaaten Mississippi, Alabama und Florida machen, die er noch nicht besucht hatte. Von BP wird Obama voraussichtlich die Einrichtung eines milliardenschweren unabhängigen Treuhandfonds zur Begleichung von Schadensersatz-Forderungen verlangen. »Wir wollen sichergehen, dass genügend Geld hinterlegt wird, um für legitime Forderungen aufzukommen«, kündigte Obamas wichtigster Berater David Axelrod am Sonntag an.
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