Galerie Olga Benario
Am Rande der Fußball-WM
Während man sich vielerorts dem Fußballrausch hingibt, bietet die Galerie Olga Benario in der Neuköllner Richardstraße ein etwas anderes WM-Programm. Aber ganz ohne Kicken geht es auch hier nicht. »Kick the Past« ist der Titel einer Fotoausstellung und Veranstaltungsreihe, die sich mit dem Umgang mit Vergangenheiten im heutigen Südafrika befassen. Zu den Themen »Leben-Arbeit-Erinnerung« nach der Apartheid werden Blicke auf Alltagssituationen abseits der Fußball WM 2010 gezeigt. In der Veranstaltungsreihe geht es um aktuelle Entwicklungen in der Kultur- und Erinnerungspolitik, Auseinandersetzungen über den Weg zur Einheit nach der »verhandelten Revolution« und vergangene als auch gegenwärtige Widerstandsformen.
Das afrikanische Land steht derzeit im Mittelpunkt der Medien. Dem Galerieforum war es daher wichtig, Experten für sein eigenes »WM-Programm« einzuladen. Gefunden hat es sie in Annett Schulze, Thorsten Schäfer und Ingo Woelke, die für Ausstellung und Programm verantwortlich sind.
Die 30-jährige Neuköllner Journalistin und Doktorandin der Kulturwissenschaften in Berlin schreibt ihre Arbeit zur Erinnerungskultur in Südafrika. Im Rahmen dieser Tätigkeit reiste sie 2009 mehrmals dorthin. Die in der Galerie gezeigten Momentaufnahmen sind allerdings in den ersten Monaten dieses Jahres entstanden. Gemeinsam mit dem Politologen Thorsten Schäfer unternahm sie viele Tagesausflügen mit dem Pkw abseits der Touristenorte. Ihr Anliegen, andere Blicke auf das Land zwischen WM-Fieber und dem Überleben vieler Südafrikaner zu zeigen, ist den Autoren gelungen.
Aus über 1000 Fotos wurden mit dem Berliner Historiker und Filmemacher Ingo Woelke 35 Farbfotografien ausgewählt. Natürlich fehlt der Ball nicht. Kinder spielen auf einer kleinen Sandfläche in Loskop ihren Fußball. Die Stadionerbauer in Kapstadt wurden bei ihrer Arbeit beobachtet, ebenso die des Highways zum Stadion. Die Fotografen waren bei der Pflaumentrocknung auf dem Weingut bei Wellington in der Provinz Western Cape, zeigen das Leben im Stadtbezirk Mamelodi in Pretoria, sind Zeugen eines Fotoshooting am ganz weißen Strand von Kapstadt oder geben einen Ausblick auf das heutige Vergnügungsviertel der Stadt, wo einst Abfahrtsstelle für den Transport der Gefangenen in das Hochsicherheitsgefängnis auf Robben Island war.
Filme, Vorträge, Lesungen, Ausstellungsbegehung, Musik und Dokumentationen gehören zum Rahmenprogramm. Die Veranstaltungen finden jeden Donnerstag, 19.30 Uhr, statt und zu den 48 Stunden Neukölln. So stand am 17.6. »Südafrika im Blick der Medien«, moderiert von Thorsten Schäfer, im Mittelpunkt und am 24.6. wird der Dokumentarfilm »Risse im Regenbogen« gezeigt. Um aktuelle Entwicklungen und neue soziale Bewegungen geht es am 1.7. und am 8.7. in einem Vortrag von Annett Schulze. Zur Finissage liest am 15. Juli die südafrikanische Schriftstellerin Megan Voysey-Braig.
Ein Impressum zur Ausstellung findet der Besucher leider nicht. Dafür liegt eine Infomappe mit kleinem Hinweis auf die Autorenschaft zum Lesen in der Galerie aus. In ihr wurde relevantes Material über das Land zusammengestellt – zur Geschichte, Wirtschaft, diskriminierenden Gesetzgebung, über Kämpfe um Frauenrechte bis zu aktuellen Ausgrenzungen.
Galerie Olga Benario, Richardstr. 104, 12043 Neukölln, Telefon: 680 59 387, 626 1651, geöffnet zu den Veranstaltungen oder nach Absprache. Im Internet: www.galerie-olga-benario.de
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.