Guter Rat ist nicht teuer
Beratungsbus vor Berliner Jobcentern: kostenlose Informationen für Hartz IV–Empfänger
Berlin-Mitte, 8.30 Uhr. Am Beratungsbus des Berliner Arbeitslosenzentrums (BALZ) ist es ruhig. Der weiße Sprinter steht direkt vor dem Eingang des Jobcenters in der Berlichingenstraße. Es ist der Auftakt der Aktion »Irren ist amtlich – Beratung kann helfen«. Sechs Wochen lang wird die mobile Hartz IV–Beratung von 8 bis 13 Uhr vor Berliner Jobcentern zu finden sein, alle zwei Tage in einem anderen Bezirk. Ziel ist es, die »Kunden« unabhängig von der Behörde zu beraten und ihnen kostenlose Informationen zur Verfügung zu stellen.
Vor dem Jobcenter Berlin-Mitte hat bis eben noch eine Menschenmenge auf Einlass in das Amt gewartet. Frank Steger, Leiter der Beratungsaktion, hat die Wartenden auf den Service am Bus hingewiesen und Informationsblätter verteilt. »Wie kann ich meine Rechte gegenüber dem Jobcenter durchsetzen?«, lautet die Überschrift. Erfahrungsgemäß werden die meisten Menschen nach ihrem Termin im Jobcenter zum Bus kommen, um aktuelle Fragen zu stellen, erklärt Steger. An diesem Morgen bleibt der erwartete Ansturm zwar aus, doch die drei Berater haben dennoch immer wieder zu tun. Am Mittag werden sie über 40 Gespräche geführt haben. Es geht um das Ausfüllen von Anträgen, um Zahlungsforderungen und das Thema Unterkunft. Letzteres habe sich in den vergangenen Jahren zugespitzt, sagt Steger. Die Mieten seien gestiegen, die von den Jobcentern bewilligten Mietobergrenzen aber nicht.
Eine farbige Mittvierzigerin kommt mit ihrem Bescheid in der Hand zielstrebig auf die Mitarbeiter zu. »Ich verstehe das nicht!«, klagt sie. Ihr wurde das Geld gekürzt. Um den Widerspruch zu schreiben, den der Berater ihr daraufhin empfiehlt, braucht sie aber Hilfe. Theoretisch könnte sie die im Bus bekommen. Hier steht ein kleiner Schreibtisch mit Laptop und Drucker. Die Frau muss jedoch weiter zum 1-Euro-Job – immerhin mit der Adresse einer Beratungsstelle in der Hand.
Schon zum vierten Mal tourt der Bus durch die Hauptstadt. Im vergangenen Jahr wurden auf diese Weise 930 Beratungsgespräche geführt. »Manche Leute erfahren erst hier davon, dass es überhaupt Beratungsstellen gibt, an die sie sich wenden können«, erklärt Steger. Hintergrund des Gemeinschaftsprojekts der BALZ und der Berliner Wohlfahrtsverbände sind die anhaltenden Klagen der Leistungsempfänger über schlechte Beratung und unverständliche Bescheide.
Besonders erwerbstätige Leistungsbezieher hätten oft das Problem, dass nicht nachvollziehbar sei, wie ihr Einkommen angerechnet wurde. Steger sieht das Hauptproblem darin, dass es auf Grund häufiger Mitarbeiterwechsel selten einen festen Ansprechpartner gebe, den man telefonisch erreichen könne. Die offizielle Hotline sei zudem kostenpflichtig. Mit Fragen zu den Bescheiden seien die Menschen allein gelassen. Der Beratungsbus wird darum wohl noch einige Touren fahren müssen.
Informationen und Termine unter www.beratung-kann-helfen.de
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