Bundesarbeitsgericht will Grundsatz der Tarifeinheit aufgeben
Weg für neue Rechtsprechung noch in diesem Jahr frei
Nach dem bislang von beiden BAG-Senaten angewandten Grundsatz sollte in einem Betrieb in der Regel nur ein Tarifvertrag gelten. Im Fall zweier Ärzte hatte der Vierte Senat jedoch im Januar dies für unvereinbar mit geltendem Recht gehalten. Dies ordne die Wirksamkeit von Tarifverträgen für die jeweiligen Verbandsmitglieder »zwingend und unmittelbar« an.
Dem schloss sich nun der ebenfalls für Tariffragen zuständige Zehnte Senat an. Es gebe »keinen übergeordneten Grundsatz, dass für verschiedene Arbeitsverhältnisse derselben Art in einem Betrieb nur einheitliche Tarifregelungen zur Anwendung kommen können«. Voraussichtlich noch in diesem Jahr kann nun der Vierte Senat die bisherige Rechtsprechung ändern.
Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) und der Deutsche Gewerkschaftsbund hatten im Vorfeld erklärt, sie wollten am Grundsatz der Tarifeinheit festhalten. Sie forderten daher gemeinsam den Gesetzgeber auf, die vom BAG hervorgehobene gesetzliche Lücke zu schließen. Nach ihrem Vorschlag soll der Tarif derjenigen Gewerkschaft maßgeblich sein, die im jeweiligen Betrieb mehr Mitglieder hat. »Die Tarifeinheit ist eine unverzichtbare Säule der Tarifautonomie. Sie verhindert eine Zersplitterung des Tarifvertragssystems, eine Spaltung der Belegschaften und eine Vervielfachung kollektiver Konflikte«, heißt es in einer gemeinsamen Erklärung vom 4. Juni. (xmw/ilo)
Mehr zum Thema in der ND-Ausgabe vom 24.04.2010
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