Werbung

Sahabat Akkiraz

Diva der Aleviten

  • Hansdieter Grünfeld
  • Lesedauer: 2 Min.

Wenn Sahabat Akkiraz am 26.6. mit dem Ensemble der deutsch-türkischen Akademie in der Urania auftritt, kommt nicht nur die derzeit beste türkische Sängerin zu Stimme, die ihre erste Schallplatte mit 13 Jahren aufnahm. Gleichviel Anerkennung verdient die Künstlerin als Musikwissenschaftlerin sowie Sammlerin und Herausgeberin historischer Texte.

1955 in der Stadt Siwas in der Türkei geboren, interessierte sie sich von Jugend auf für alevitische Musik. Als Aleviten versteht man im Islam eine Glaubensgruppe, die aus der Schia-Richtung stammt, und – natürlich unter Vorrangstellung Gottes – die Linie Allah-Mohammads und dessen Schwiegersohn Alis bevorzugt. Die Sunna hingegen pocht auf die gesetzliche Thronfolge: Abu Bakr, Omar I. und Othman. Heißt Schia (Ali) nichts anderes als Alis Partei, so steht der Begriff Sunna für Gebrauch, Herkommen, Abstammung.

Gut 45 Prozent der türkischen Bevölkerung sind Aleviten. Untrennbar verknüpft mit der spezifischen alevitischen Musik, die Lobpreisungen auf Allah, Mohammad, Ali oder dessen ermordeten Sohn Hussain umfasst, aber soziale Probleme und mystische Gottessuche ebenfalls ins Konzept bindet, sind die Aschiqs. Von arabisch Eschq (Liebe) hergeleitet, entspricht der Begriff Aschiq im Abendland etwa dem des »kritischen« Barden, nicht des lubhudelnden Hofsängers. Abgesehen von den Preisliedern, waren und sind sozialkritische Texte den Herrschenden immer ein Dorn im Auge und wurden ebenso verboten wie mystische Ergüsse der Gottessuche, die im Gegensatz zum strengen Monotheismus standen.

Es ist das Verdienst von Sahabat Akkiraz, diese versunkenen und gebannten Texte wiederentdeckt, entschlüsselt und als erste Frau in der alevitischen Musik durch ihre Interpretationen populär gemacht zu haben. Außerdem verfügt sie tatsächlich über eine wunderbare Stimme. Doch die Aleviten-Diva stimmlich mit dem einmaligen verstorbenen Qawwali-Sänger Nusrat Fathe Ali Khahn oder der ägyptischen Nachtigall Omkel Zum gleichzusetzen, ist ebenso verfehlt, wie sie in einem Atemzug mit der Inka-Sängerin Ima Sumac oder Miriam Makeba nennen zu wollen. Genau wie bei diesen unverwechselbaren Künstlern, liegt die Größe von Sahabat Akkiraz in ihrer bewussten Spezialisierung. Die 14 Titel der Produktion »Kaygusuz« tönen hiervon lebendiges Zeugnis.

Konzert: 26. Juni, 20.30 Uhr, Urania, An der Urania 17

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
- Anzeige -

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -