Keine Taktik zugunsten von Gauck

LINKE-Landesspitze warnt vor Stimmen für den Bundespräsidenten-Kandidaten von SPD und Grüne

  • Wilfried Neiße
  • Lesedauer: 2 Min.

Es wäre eine schwere innerparteiliche Belastung, dem Kandidaten Joachim Gauck bei der Bundespräsidentenwahl zu helfen, findet die Spitze der brandenburgischen LINKEN. Der Landesvorsitzende und Bundestagsabgeordnete Thomas Nord und Landtagsfraktionschefin Kerstin Kaiser warnten gestern vor derartigen »taktischen Spielchen«.

Punktuell wird bei den LINKEN erörtert, ob man im dritten Wahlgang für den Kandidaten von SPD und Grünen stimmen sollte. Doch eine Unterstützung Gaucks würde laut Nord einen »Verlust an Glaubwürdigkeit« bei der eigenen Anhängerschaft nach sich ziehen. Dieser Preis wäre »eindeutig zu hoch«. Vereinzelte Stimmen bei den LINKEN, die sich von einer Zustimmung zu Gauck politischen Bodengewinn versprechen, machen eine »Milchmädchenrechnung« auf, sagte Nord vor der Wahl am Mittwoch, an der er selbst teilnimmt. »Man kann auch übertaktieren – aber sinnvoll ist das nicht.« Das Verfolgen solcher taktischen Spielchen »gefährdet den Rückhalt bei den eigenen Mitgliedern«.

Wer glaube, dass die Wahl eines Bundespräsidenten Gauck eine Regierungskrise entstehen lasse, die Kanzlerin Angela Merkel zu Neuwahlen zwinge, der irre sich, unterstrich der Landesvorsitzende. »Im Gegenteil – dann gibt es erst recht keine Neuwahlen.«

Er könne sich außerdem vorstellen, dass die gegenwärtige Bundesregierung mit Gauck im höchsten Staatsamt sogar recht gut leben könnte – »abgesehen davon, dass er auch für sie unkalkulierbar ist«. Bei seiner Präsentation im Potsdamer Landtag hatte Gauck vor einigen Tagen gleich mehrfach betont, er stehe CDU und FDP politisch näher als SPD und Grünen. Es wäre sein Wunsch, dass die LINKE-Kandidatin Lukrezia Jochimsen bei jedem Wahlgang wieder antritt, sagte Nord. Darüber müsse sie aber selbst entscheiden. Sollte sie das nicht tun, werde er persönlich sich dann enthalten, kündigte Nord an. Er werde in der Bundestagsfraktion anderen empfehlen, das auch zu tun.

Die Bewerber Joachim Gauck sowie der niedersächsische Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) seien für sie persönlich nicht wählbar, unterstrich Landtagsfraktionschefin Kaiser. Beide machen aus ihrer Zustimmung zu Kriegseinsätzen und zu Hartz IV keinen Hehl, erklärte sie. Zu Recht werde Gauck ein »ehemaliger Bürgerrechtler« genannt, denn zur Verteidigung von Bürger- und Grundrechten äußere er sich seit der Wende nicht mehr.

Auf den Einwand hin, mit einer Unterstützung Gaucks würden die LINKEN ein geläutertes Verhältnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung unter Beweis stellen, sagte Nord, mit diesem Argument könne man genauso gut Wulff wählen und selbstverständlich stehe auch Lukrezia Jochimsen auf dem Boden des Grundgesetzes.

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