- Kommentare
- Meine Sicht
Peinlich
Bernd Kammer will dem Bebelplatz Ruhe gönnen
Es ist wieder soweit: Auf dem Bebelplatz werden ab morgen Promis und Models bei der Fashion-Week erneut auf jenem Mahnmal herumtrampeln, das seit 15 Jahren an die Bücherverbrennung durch die Nazis erinnert. Alles nur eine Zwischenlösung, hieß es, als die Modewoche hier vor zwei Jahren erstmals über die Bühne ging. Dann sollte es in diesem Juli tatsächlich das letzte Mal sein, doch inzwischen wird bereits für Januar 2011 erneut am Bebelplatz geplant.
Das zeigt, welches Beharrungsvermögen Provisorien in Berlin haben können, vor allem aber, wie unsensibel die Stadt mit dieser Erinnerungsstätte umgeht. Wirtschaftliche Interessen zählen offenbar mehr als der pietätvolle Umgang mit dem historischen Erbe. Nachdem das Denkmal schon von einer Tiefgarage untergraben wurde, ist es nun auch durch kommerzielle Nutzung von oben bedroht. Was mit seinem Werk passiert, empfindet der israelische Künstler Micha Ullman als »aggressiven Eingriff in das Denkmal und seiner Funktion«, denn die Zuschauer auf dem Platz, »die Leute, die nach unten schauen, sie sind das Denkmal«. Womit sicher nicht die Models gemeint sind.
Es ist einfach peinlich, dass die Stadt diesem Platz nicht die Ruhe und Würde gönnen will, die ihm gebührt. Obwohl sich Abgeordnetenhaus und Künstlerinitiativen vehement für einen anderen Ort ausgesprochen haben, ist vom Senat noch keiner benannt worden. Warum kann die Fashion Week nicht zusammen mit der Modemesse Bread & Butter auf dem stillgelegten Flughafen Tempelhof stattfinden?
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!