Hitzige Tage im Druckzentrum
Mitarbeiter einer finnischen Staatsposttochter kämpfen für ihre Jobs
Itella ist aus den Unternehmen Eurocom-Depora und Data Informatic hervorgegangen, die mit Lochkarten und Mikrofilmen groß wurden und sich später auf den Druck von Rechnungen und Gehaltsabrechnungen konzentrierten. 2002 übernahm die finnische Staatspost POSTI die Betriebe in München und Frankfurt. 2003 kam das Vodafone-Druckzentrum in Düsseldorf hinzu. Seit 2005 firmieren alle Betriebe der POSTI-Informationslogistik-Sparte als Itella.
Mit der Übernahme durch POSTI verschärften sich die Probleme. Denn die POSTI-Zentrale legte ein ähnliches Heuschreckengebaren an den Tag wie andere bisherige Staatsunternehmen, die im Zuge der Liberalisierung statt zur Daseinsvorsorge zur Eroberung internationaler Märkte animiert wurden. POSTI expandierte europaweit. Seither sind an den deutschen Standorten rund 70 Prozent der Festangestellten entlassen und teilweise durch Zeitarbeiter ersetzt worden. Eine Anbindung an einen Flächentarifvertrag besteht nicht. Für die meisten gibt es seit zehn Jahren faktisch keine Lohnsteigerung.
Eine drohende Schließung des Münchner Betriebs konnte 2006 durch Druck der Großkunden, darunter namhafte Versicherungsgesellschaften, abgewendet werden. Dass Schließungspläne und Entlassungen die Qualität und Pünktlichkeit beeinträchtigten, dürfte der Konzern einkalkuliert haben. Wo immer Betroffene sich vor Gericht gegen Kündigungen und Abmahnungen wehrten, zog die Geschäftsleitung den Kürzeren.
Die Lage im Frankfurter Betrieb, der auf Einzelblattdruck und Datenarchive spezialisiert ist, spitzte sich zu, nachdem 44 von derzeit 67 Angehörigen der Stammbelegschaft ohne Rücksprache mit dem Betriebsrat aufgefordert wurden, nach Düsseldorf zu wechseln. Die Teilbetriebsschließung und Verlagerung soll bis Ende September 2010 vollzogen sein.
Zwar bot die Firma den Betroffenen für ein Jahr Übernachtungskosten und eine BahnCard 100 beziehungsweise eine Übernahme der Umzugskosten oder 15 000 Euro Abfindung bei Ausscheiden an. Doch von längerfristiger Arbeitsplatzgarantie ist weiter keine Rede. Da dem Vernehmen nach in Düsseldorf nur maximal sechs zusätzliche Beschäftigte gebraucht würden, sind heftige Konflikte bereits vorprogrammiert. Manche argwöhnen, dass die Geschäftsleitung die Mitarbeiter gegeneinander ausspielen will, so dass viele von sich aus und ohne Abfindung gehen.
Ein weiterer Eklat ergab sich Ende Juni, als der Betriebsrat zu einer Betriebsversammlung auch den Landtagsabgeordneten Ulrich Wilken (die LINKE) begrüßen wollte. Die Geschäftsleitung verwehrte Wilken den Zugang. Daraufhin verlagerte der Betriebsrat die Versammlung in andere externe Räume, wohin ihm auch die große Mehrheit der Belegschaft folgte. Die Geschäftsleitung goss Öl ins Feuer, als sie den Teilnehmern der Versammlung den Lohn für zwei Stunden abzog, obwohl ein gesetzlicher Anspruch auf Lohnfortzahlung besteht.
Der Konflikt um die Verlagerung nach Düsseldorf beschäftigt inzwischen eine eigens eingerichtete Einigungsstelle. Um bis zur Entscheidung Ende Juli Kündigungen und eine Verlagerung von Maschinen zu verhindern, erwirkte der Betriebsrat inzwischen eine einstweilige Verfügung. Andernfalls droht dem Betrieb ein Bußgeld von 25 000 Euro. Dennoch befürchten Gewerkschafter eine Nacht- und Nebelaktion, mit der durch Demontage vollendete Tatsachen geschaffen werden könnten.
Der alltägliche Kleinkrieg geht weiter, nachdem etliche Mitarbeiter im Rahmen einer angeordneten »Dienstreise« zum Einsatz im Düsseldorfer Betrieb verpflichtet wurden. Dass solche Zustände an die Substanz gehen, zeigt der stetig steigende Krankenstand. Den Frankfurter Itella-Beschäftigten stehen wohl noch hitzige Juli-Tage bevor.
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