Linkspartei lässt die Muskeln spielen
Den Regierungswechsel hat die NRW-LINKE ermöglicht – nun fordert sie einen Politikwechsel
Eine SPD-Ministerpräsidentin von linken Gnaden, eine eigene Landtagsvize-Präsidentin, die Abschaffung der Residenzpflicht für Flüchtlinge: die Linksfraktion im NRW-Landtag erzielt erste Erfolge. Rot-Grün bewegt sich auf die LINKE zu – notgedrungen. Und umgekehrt?
»Alle wollen regieren, wir wollen verändern« – kein Parteitag der NRW-LINKEN, an dem nicht ein Transparent dieses Motto verkündet. Der NRW-Landesverband gilt Freund wie Feind als besonders links. Wenn politische Gegner »Fundamentalismus«, »Extremismus« und Politikunfähigkeit von Teilen der LINKEN geißeln wollen, so tun sie dies meist unter Hinweis auf die NRW-Genossen.
Doch die Linkspartei ist in Nordrhein-Westfalen ein Machtfaktor geworden. Ohne sie geht im Landtag derzeit wenig bis gar nichts. Denn die FDP verweigert sich grundsätzlich, die CDU faktisch einer parlamentarischen Zusammenarbeit mit der rot-grünen Minderheitsregierung. Der »Koalition der Einladung«, die eigentlich mit wechselnden Mehrheiten regieren will, bleibt also nur ein parlamentarischer Partner: die LINKE, mit elf Abgeordneten im Landtag vertreten. »Für unsere Stärke bedanken wir uns bei FDP und CDU«, ätzt Helmut Manz, stellvertretender Sprecher der NRW-LINKEN. Denn mit ihrer »Blockadehaltung« stärkten die bürgerlichen Parteien die Position der LINKEN. »Künftig«, so Manz, »wird NRW nur mit uns zu regieren sein.«
Zur Ministerpräsidentin gewählt wurde Hannelore Kraft am vergangenen Mittwoch nur deshalb, weil die Linkspartei-Abgeordneten nicht gegen die Sozialdemokratin stimmten, sondern sich der Stimme enthielten. Den Regierungswechsel hat die LINKE ermöglicht – nun fordert sie durchaus selbstbewusst einen Politikwechsel: »Wir winken im Parlament nichts durch, nur weil es von SPD und Grünen kommt«, verkündet Fraktionschef Wolfgang Zimmermann.
Derweil hat die Linksfraktion erste parlamentarische Erfolge verzeichnen: Sie stellt mit Gunhild Böth eine eigene Landtagsvizepräsidentin, auch wenn deren Wahl erst im zweiten Wahlgang gelang. Die LINKE brachte erstmals eine Landtagsmehrheit hinter einen eigenen Antrag: Auch SPD- und grüne Fraktion stimmten dafür, die Residenzpflicht für Flüchtlinge abzuschaffen.
Fraktionschef Zimmermann wertet das als »Annäherung an eine Normalität«: Es würden Sachdebatten geführt, »unsere Anträge werden nicht allein deshalb abgelehnt, weil sie von der LINKEN kommen«. Darüber hinaus stimmten die drei Parteien mehrfach gemeinsam für Anträge. »SPD und Grüne zeigen keinerlei Berührungsängste«, freut sich Parteivize Helmut Manz.
Am Donnerstag ließ die LINKE erstmals die Muskeln spielen: Sie wollte einem rot-grünen Entschließung-Antrag zur Abschaffung der Studiengebühren in NRW nicht zustimmen. Er wurde zwecks weiterer Diskussion in den Wissenschafts-Ausschuss verwiesen. Nur so entgingen SPD und Grüne ihrer ersten Abstimmungsniederlage. »Wir haben die Reaktion der LINKEN schlicht falsch eingeschätzt«, räumt Monika Düker, Landesvorsitzende der Grünen, einen Fehler ein.
Die Studiengebühren – die LINKE will sie sofort abschaffen, Rot-Grün erst zum Wintersemester 2011/12. Zudem, so die Kritik der Linkspartei, habe Rot-Grün kein Gesetz, sondern bisher nur einen Arbeitsauftrag an die Landesregierung (und den auch noch schwammig) formuliert. »Wenn man die Gebühren sofort abschafft, erweist man den Unis einen Bärendienst. Denen fehlt dann schlicht das Geld«, argumentiert hingegen die Grüne Düker. Den Einnahmeverlust könne man erst mit dem nächsten Landeshaushalt für das Jahr 2011 ausgleichen. Darüber müsse man mit der LINKEN nun in den Ausschüssen diskutieren.
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